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das Übergewicht der radimlcn Partei wurde Wien zum bewaffneten Widerstände gegen die
kaiserliche Arniee gedrängt, die Stadt jedoch nach dreiwöchentlicher Dauer dieser Zustände
am 31. October 1848 uon den kaiserlichen Truppen besetzt und zur Herstellung geordneter
Vcrhältnifse uuter militärische Gewalt gestellt.
Allgemein wurde das Bedürfniß nach eiuer starten Regierung empfunden, welche
den Schwierigkeiten der äußeren und inneren Lage des Neiches gewachsen sein würde.
Deßhalb entsagte Kaiser Ferdinand I. dem Throne und Kaiser Franz Joseph I. bestieg ihn
am 2. December 1848 mit dem Entschlüsse, den Glanz der Krone ungetrübt zu erhalten,
seine Nechte mit den Vertretern seiner Völker zu theilen und alle Länder und Völker zu
einem großen Staatskörper zu vereinigen. Österreich erhielt im März 1849 eine Gesammt-
verfassuug, welche das freie Selbstbestimmungsrecht der Gemeinde, die Gleichheit aller
Staatsbürger vor dem Gesetze, die Gleichberechtigung aller vom Staate anerkannten
Religionsgenosfenschasten, Lern-, Lehr- und Prehfreiheit anerkannte. Da aber die sofortige
Verwirklichung dieser hochherzigen Entschlüsse des Kaisers großen Schwierigkeiten
begegnete, wnrdc die Märzuerfassung außer Kraft gesetzt. Im Jahre 1860 erst gewährte
Kaiser Franz Joseph I. neuerdings seinen Völkern verfaffuugsmäßige Rechte. Er erlieh das
Octoberdiplom und knrz darauf die Februarverfasfung (1861). Sechs Jahre später vollzog
sich der Ausgleich mit Ungarn, der die dualistische Gestaltung des Reiches zur Folge hatte.
Wien nahm infolge feiner Stellung als Reichshaupt- und Residenzstadt einen groß-
artigen, nur zeitweilig durch Kriege und wirthfchaftliche Krisen nnterbrocheneu Aufschwung;
es wurde der Mittelpunkt aller jeucr geistigen und materiellen Kräfte, welche den Fortschritt
auf den mannigfaltigen Gebieten der modernen Cultur zum Ausdrucke bringen, der Titz
der Vertreter des Reiches, welche die Verfassung auf breiteren freiheitlichen Grundlagen
ausbildeten und neue fegensreichc Gefetze zum Schutze und Gedeihen des Reiches fchufcn.
Auf Anordnung des Kaifers fiel der alte Festungsgürtel, welcher die innere
Stadt vou den Vorstädten trennte. Auf dem Flächenraume der Basteien, der Stadtgräben
und der Glacis erhob sich ein nener Stadttheil mit conccntrisch angelegten Hauptuerkehrs-
linien, dem Ringe und der Lasteustraße. Rasch verbauten sich die bisher verödeten Theile
der ehemalige» Vorstädte, und uoch bedeutendere Fortschritte machte die Verbauung der
Vororte, welche, von der Hauptstadt nur durch die Linienwälle getrennt, zu ansehnlichen
Gemeinwesen heranwuchsen. Zur Vciseitigung der Überschwemmungsgefahr für eiuzelne
Vorstädte und zur besseren Nutzbarmachung für den Handelsverkehr wurde die Donau
regulirt, das Hauptbett derselben der Stadt näher gerückt und mit festen Brücken überwölbt.
Eine ucue Genieindcvcrfassung gab den Biirgern die vollste Freiheit und das
umfassendste Selbstbestimmuugsrecht in allen die Vcrwaltuug des Gemeinwesens
berührenden Angelegenheiten. Gehoben in ihrem Selbstgefühle und vollbewußt der
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien, Volume 1
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien
- Volume
- 1
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1886
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.13 x 22.72 cm
- Pages
- 348
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch
Table of contents
- Landschaftliche Lage Wiens 3
- Zur Geschichte Wiens 5
- Wiens architektonische Entwicklung 51
- Wiener Volksleben 91
- Die Musik in Wien 123
- Die deutsche Literatur in Wien und Niederösterreich 139
- Das Wiener Schauspiel 169
- Malerei und Plastik in Wien 205
- Wiener Kunstindustrie 263
- Voltswirthschaftliches Leben in Wien 277