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gattnng anschloß! Ein lehr- und farbenreiche« Cultuibilb eines Volke« und einer Stadt
gäbe» derlei Aufzeichnungen, die auch Zeugniß oblegen müßten ron dem Reize, der
Solidität und Gemüthlichkeit der „Wiener Hausbälle", die als eine europäische Specialität
galten. Dagegen mären als „Humorist«»" zu erwähnen: die grotesken Überraschungen im
„aufgelassenen' Elysium, der gigantische Straßenfpectakel bei den gleichfalls „gewesenen"
Faschingszügen und Faschingsbegrälnissen, weiter die hochcharakteristischen, urderben
„Schöpfungen" der neueren Zeit: die Fiaker., Wäschermädel- uud die (philantropischen)
„Lnmpenbälle" und zum Schlüsse der volksthumliche „Fünfkreuzer-Ianz", wie folcher
heute in einzelnen vorstädtischen und vor-
ortlichen Wirthshaussalons florirt, bei
Äbzugbier uud farbigen PaPierlampen, auf
löcherigstem und holperigstem Boden und
unter den dizhirmonischen Klängen sehr
defeeter „Kapellen",
Aber das Volt frägt wenig nach
kleinen Unzulänglichkeiten, Beschwernissen
und Gebrechen; es sucht sich zu unterhalten
und es unterhält sich, das ist für die guten
Leute das Wichtigste, Man warf den
Wienern «or, daß sie geborene Raisonneur«
seien; nun, sie bekritteln wohl Dies und
Jenes und reißen gern ein paar Witze und
Gpäße, allein bald gewöhnen sie sich, nach-
dem ihre „Negation" in einem scharfen
Bonmot, in einer kaustischen Anekdote sich
Luft gemacht, in das Unabwendbare nnd Unoermcidliche und sie schneiden, wie das
Sprichwort sagt, „eine gute Miene zum bösen Spiel", Lind doch die gefürchtetsten
Spötter des Wiener Platzes, die sogenannt „harbsten" Geister zugleich auch die gut-
müthigsten, perjöhnlichstcn Naturen und wissen nichts oon schlimmer Absicht, »on Arglist
und rohem Haß, Selbst an den sonst ergiebigsten Brutstätten des kleinen Klatsches und
Tratsche«: beim Tabakkrämcr, Zeituugsverschlcißer und Lott»c»lln!»nten, beim Rascur
und Friseur, bei der Milchsrau und „Nenstboten-Zubringerin", beim Röhrbrunne» und
beim Greisler, zwischen den Marktstanden und auf den Kirchenbänle» u, s, m, werden
eigentlich doch nur ungefährliche „Tagcsneuigkeiten" und „Pcifonalnotizen' verbreitet,
deren Publicirung (unter Gleichgesinnten) die dapon Betroffenen nicht allzu schmerzhaft
beschädigt. !i Lchusteibub,
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien, Volume 1
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien
- Volume
- 1
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1886
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.13 x 22.72 cm
- Pages
- 348
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch
Table of contents
- Landschaftliche Lage Wiens 3
- Zur Geschichte Wiens 5
- Wiens architektonische Entwicklung 51
- Wiener Volksleben 91
- Die Musik in Wien 123
- Die deutsche Literatur in Wien und Niederösterreich 139
- Das Wiener Schauspiel 169
- Malerei und Plastik in Wien 205
- Wiener Kunstindustrie 263
- Voltswirthschaftliches Leben in Wien 277