Page - 158 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien, Volume 1
Image of the Page - 158 -
Text of the Page - 158 -
158
„Schwestern von Prag", ihren „Friedrich den Streitbaren" u.s,w. die populärste unter all«!
österreichischen Schriftstellern, trotzdem ihre weitläufigen, wie die meisten Franenromane
der Zeit fast ausschließlich in Briefform abgefaßten Dichtungen dieser Art den Leser nicht
leicht unter einem halben Dutzend von Bänden entließen. Neben ihr wnrde allein E. Duller
genannt, welcher den Einfluß der französischen Romantik zu seinem Vortheile überwand
nnd in seinen späteren Romanen moderne Interessen und historische Tendenzen vertrat.
Der sociale Roman faud keinen Vertreter und anch die Novelle, bei welcher jede Zugabe
von Reflexion grundsätzlich ferngehalten wurde, fristete nnr ein kümmerliches Leben in den
Zeitschriften, zu deren Hanptartikel die Erzählung gehörte. Schrcuuogel nnd nach ihm
N. von Steigentesch haben noch immer das Beste auf diesem Gebiete geleistet: anch der
Schauspieler nnd Theaterdichter W, Lenibert galt als gewandter Erzähler. F. L. Halirsch,
I. Moshammer, F. T. Told von Toldenbnrg, E. Sträube und Andere waren mit größerem
oder geringerem Erfolge mit der Novellendichtuug beschäftigt. Was sonst an Erzählungen
die Spalten besonders der Theaterzeitung füllte, war entweder Übersetzung ans dem
Französischen oder mißlungene Nachahmung dentscher Muster, Au Hoffmanns Spuk-
geschichten Hielten sich A, von Tschabuschuigg und E. Silesius; in Hnmoreskeu, welche den
Einfluß Jean Pauls mehr oder weniger deutlich erteunen ließeu, wetteiferte A. Schilling
mit den meisten Journalisten der Zeit. Besonders das bis an das Ende der Dreißiger-
Jahre gelesenste und fast allein gelesene Organ, die Theaterzeitung von Bäuerle. welche sich
auf die schwachen Seiten des Publicums wohl verstand und jeder Mode der Zeit, sowie
jeder Lanne des PnblicumZ gehorsamst huldigte, verfehlte nicht neben ihrcn Theater-
referenten und Lorrespoudenten einen beständigen Spaßmacher zu besolden, welcher nicht
mehr von der harmlosen Art des guten Castelli war und bald anch in den übrigen Rubriken
den Ton angab. Auf deu begabten, aber im Leben wie in seinen Schriften zerfahrenen
Wiest folgte M. G. Saphir, ein Meister in der schalen Kunst des Wortwitzes und der
Doppelsiuuigkeit, welcher seine Rolle unter den gutmüthigen Wienern indessen bald aus-
gespielt hatte. Leider war der Schaden, welchen Saphir durch seine Gesinnungslosigkeit
und Parteilichkeit, sowie durch den witzelnden Ton seiner meist nur von persönlichen
Interessen beeinflußten Beurtheilungen in der Kritik anstiftete, nicht fobald gntznmachen,
und lauge blieben einsichtsvolle uud eindringende Kunstrichter, wie Michael Ent und
Ernst von Fenchtersleben, welche für die „Wiener Zeitschrift" schrieben, in den Spalten
der spärlich und dürftig ausgestatteten Wiener Blätter eine Seltenheit.
Inzwischen bestand die Pflege des Drama dnrch die Schauspieler in ununterbrochener
Tradition feit dem XVIII. Jahrhundert fort; an Ziegler fchlossen sich die Weißenthnrn, der
talentvolle Lembcrt und Andere an, welche zum kleinen Theile wie Steigentesch Original-
stücke, zum größeren wie Kuffner und Kurländer Übersehungen französischer Boulevardstücke
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien, Volume 1
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien
- Volume
- 1
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1886
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.13 x 22.72 cm
- Pages
- 348
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch
Table of contents
- Landschaftliche Lage Wiens 3
- Zur Geschichte Wiens 5
- Wiens architektonische Entwicklung 51
- Wiener Volksleben 91
- Die Musik in Wien 123
- Die deutsche Literatur in Wien und Niederösterreich 139
- Das Wiener Schauspiel 169
- Malerei und Plastik in Wien 205
- Wiener Kunstindustrie 263
- Voltswirthschaftliches Leben in Wien 277