Page - 321 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien, Volume 1
Image of the Page - 321 -
Text of the Page - 321 -
321
Die Donau ist ein gewaltiger, aber nugezügrlter Strom, auf große Strecken
verwildert und vernachlässigt, mit wechselnden Gefallen und Geschwindigkeiten, Strom-
engen, Katarakten und Verflachungen, ungeheure Massen von Geschiebe führend, welche
das Bett versanden und verwerfen, — ein Strom im Urzustand, mit ungeregelten Hoch-
fluten und Eisgängen, welche der Schiffahrt bestündig Gefahr drohen und die Nferländer
und Wohustätten verwüsten. Angesichts dieser Verhältnisse wurde die Regulirung der
Donau eine der wichtigsten uolkswirthschafllichen Aufgaben Österreichs-Ungarns, und der
Beginn dieser Regulirung bei Wien war nur der erste Anfang zu ihrer Lösung.
Tort, wo die Donau iu das Wiener Becken eintritt, ist ihr Lauf durch die Thal-
bildung zwischen dem Leopoldsberge und Bisambcrge nuabänderlich fixirt, aber sobald sie
bei Nußdorf in die Ebene gelaugt, findet die Donau auf der ganzen Strecke bis Hainburg
und Theben kein von der Natur uorgezeichnetes Bett; sich selbst überlassen, theilte sich
der Strom, den zufälligen Hindernissen ausweichend, in mehrere Arme, es entstanden
durch die Ablagerung von Schotterbäukeu immer ucne Ausartungen und meilenweite
Flächen waren bei Hochwässern nnd Eisgängen schutzlos den Verwüstungen preisgegeben.
Die Verwilderung des Stromes, die Unsicherheit in der Richtnng des Stromlaufes,
welche die schon lange beabsichtigte Erbauung einer stabilen Brücke über die Donau
unmöglich machte, nnd die wiederkehrenden Überschwemmungen, welche jedesmal entsetzliches
Elend unter die Beuölkerung brachten, bestärkten immer mehr die Überzeugung, daß
die Negulirung der Donau nach einem einheitlichen Plane eine unabweisbare Noth-
wendigkeit sei. Die Frage wurde um so dringender, als durch das Entstehen der Eisen-
bahnen neue Übergänge über unseren Strom erforderlich nnd durch die Berühruug der
neuen Verkehrsmittel mit der Schiffahrt neue Anlagen an der Donau zum Bedürfniß
wurden, für welche ein entsprechender Platz nicht vorhanden war.
Infolge der Überschwemmung im Jahre 1862 wurde endlich die Donauregnlirung
bei Wieu von Nußdorf bis Fischamend durch das Gesetz vom 8. Februar 1869 sichergestellt,
nachdem die Berathung diefer Angelegenheit volle 60 Jahre in Anspruch genommen hatte.
Das Reich, das Kronland Niederösterreich uud die Stadt Wieu haben zu gleichen Theilen
die Kosten der Ausführung, welche durch ein Anlchen von 30 Millionen Gulden bedeckt
worden sind, auf sich genommen.
Die wichtigste Aufgabe der Donanreguliruug war, und darüber lonute kein Zweifel
sein, die Zusammenfassung aller Stromarme der Donau, mit Ausnahme des Wiener
Douaukauales, in ein einziges geschlossenes Bett mit festen parallelen uud zusammen-
hängenden Ufern; aber der Kernpunkt der Frage lag darin, ob der neue Strom dem Laufe
des alten, von Wieu abgewendeten Hauptarmes angeschmiegt oder in ein ganz neu
geschaffenes, an Wien herangerücktes Bett gelegt werden sollte. Die mit diefer Aufgabe
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien, Volume 1
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien
- Volume
- 1
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1886
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.13 x 22.72 cm
- Pages
- 348
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch
Table of contents
- Landschaftliche Lage Wiens 3
- Zur Geschichte Wiens 5
- Wiens architektonische Entwicklung 51
- Wiener Volksleben 91
- Die Musik in Wien 123
- Die deutsche Literatur in Wien und Niederösterreich 139
- Das Wiener Schauspiel 169
- Malerei und Plastik in Wien 205
- Wiener Kunstindustrie 263
- Voltswirthschaftliches Leben in Wien 277