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Radetzkymarsch
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konnte und warnen, mit leisen und spitzen Fingern in Papieren blättern, die Schubladen mit grimmigem Ruck in ihre Fächer stieß, Schlüssel so entschieden abzog, daß man glauben konnte, die Schlösser seien für alle Ewigkeit versperrt. Es war die Hand, die mit lauernder Ungeduld auf die Tischkante trommelte, wenn es nicht nach dem Willen ihres Herrn ging, und an die Fensterscheibe, wenn im Zimmer irgendeine Verlegenheit entstanden war. Diese Hand hob den mageren Zeigefinger, wenn jemand im Haus etwas unterlassen hatte, ballte sich zur stummen, niemals aufschlagenden Faust, bettete sich zärtlich um die Stirn, nahm behutsam den Zwicker ab, bog sich leicht um das Weinglas, führte die schwarze Virginier liebkosend zum Mund. Es war die linke Hand des Vaters, dem Sohn seit langem vertraut. Und dennoch war es, als erführe er jetzt erst, daß es die Hand des Vaters war, die väterliche Hand. Carl Joseph verspürte das Verlangen, diese Hand an seine Brust zu drücken. »Siehst du, der Moser!« begann der Bezirkshauptmann, schwieg eine Weile, suchte nach einem gerecht abwägenden Wort und sagte endlich: »Aus dem hätte was werden können.« »Ja, Papa!« »Wie er das Bild vom Großvater gemacht hat, war er sechzehn Jahre alt. Waren wir beide sechzehn Jahre alt! Es war mein einziger Freund in der Klasse! Dann ist er in die Akademie gekommen. Der Schnaps hat ihn halt erwischt. Er ist trotzdem … « Der Bezirkshauptmann schwieg und sagte erst nach ein paar Minuten: »Unter allen, die ich heut wiedergesehn hab’, ist er trotzdem mein Freund!« »Ja – Vater.« Zum erstenmal sagte Joseph das Wort »Vater«! »Jawohl, Papa!« verbesserte er sich schnell. Es wurde dunkel. Der Abend fiel heftig in die Straße. »Du frierst, Papa?« »Keine Spur.« Aber der Bezirkshauptmann schritt rascher aus. Bald waren sie in der Nähe des Hotels. »Herr Statthalter!« erscholl es hinter ihnen. Der Maler Moser war ihnen offenbar gefolgt. Sie wandten sich um. Da stand er, den Hut in der Hand, mit gesenktem Kopf, demütig, als wollte er den ironischen Anruf ungeschehen machen. »Die Herren entschuldigen!« sagte er. »Habe zu spät bemerkt, daß mein Etui leer ist!« Er zeigte eine offene, leere Blechschachtel. Der 39
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Radetzkymarsch
Title
Radetzkymarsch
Author
Joseph Roth
Date
1932
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
294
Keywords
Roman, Geschichte, KUK, Österreich, Ungarn
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Teil 1 3
    1. Kapitel 1 5
    2. Kapitel 2 20
    3. Kapitel 3 31
    4. Kapitel 4 45
    5. Kapitel 5 53
    6. Kapitel 6 69
    7. Kapitel 7 81
    8. Kapitel 8 100
  2. Teil 2 111
    1. Kapitel 1 112
    2. Kapitel 2 122
    3. Kapitel 3 136
    4. Kapitel 4 153
    5. Kapitel 5 167
    6. Kapitel 6 178
    7. Kapitel 7 191
  3. Teil 3 202
    1. Kapitel 1 203
    2. Kapitel 2 219
    3. Kapitel 3 236
    4. Kapitel 4 251
    5. Kapitel 5 272
    6. Kapitel 6 281
  4. Epilog 288
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