Page - 44 - in Radetzkymarsch
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goldenen Schlug der Glocken gelauscht, ungeduldig wie heute, aber darauf
bedacht, den Wachtmeister eben nicht zu treffen. Hinter vielen Jahrzehnten
schienen jene Nachmittage vergraben zu liegen. Der Tod beschattete und barg
sie, der Tod stand zwischen damals und heute und schob seine ganze zeitlose
Finsternis zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Und dennoch war der
goldene Schlag der Stunden nicht verwandelt – und genauso wie damals saß
man heute im Herrenzimmer und trank Kaffee.
»Es regnet«, sagte der Vater, als bemerkte er es jetzt zum erstenmal. »Du
nimmst vielleicht einen Wagen?«
»Ich geh’ gern im Regen, Papa!« Er wollte sagen: Lang, lang muß der Weg
sein, den ich gehe. Vielleicht hätte ich damals einen Wagen nehmen müssen,
als sie noch gelebt hat! Es war still, der Regen trommelte gegen die Fenster.
Der Bezirkshauptmann erhob sich: »Ich muß hinüber!« Er meinte das Amt.
»Wir sehen uns dann!« Er schloß sanfter, als er gewohnt war, die Tür. Es war
Carl Joseph, als stände der Vater noch eine Weile draußen und lauschte.
Jetzt schlug es ein Viertel vom Turm, dann halb. Halb drei, noch anderthalb
Stunden. Er ging in den Korridor, nahm den Mantel, richtete lange die
vorschriftsmäßigen Falten am Rücken, zerrte den Korb des Säbels durch den
Schlitz der Tasche, setzte mechanisch die Mütze vor dem Spiegel auf und
verließ das Haus.
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Radetzkymarsch
- Title
- Radetzkymarsch
- Author
- Joseph Roth
- Date
- 1932
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 294
- Keywords
- Roman, Geschichte, KUK, Österreich, Ungarn
- Categories
- Weiteres Belletristik