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Radetzkymarsch
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Jeden Tag sitzt er da, zwischen fünf und sieben, liest das »Fremdenblatt« und die Amtszeitung und raucht eine Virginier. Die ganze Stadt weiß es, seit drei Jahrzehnten. Der Bezirkshauptmann sitzt da, er betrachtet seinen Sohn und scheint zu lächeln. Carl Joseph nimmt die Mütze ab und geht auf den Vater zu. Der alte Herr von Trotta blickt kurz von seiner Zeitung auf, ohne sie abzulegen, und sagt: »Kommst von Slama?« »Jawohl, Papa!« »Er hat dir deine Briefe gegeben?« »Jawohl, Papa!« »Setz dich, bitte!« »Jawohl, Papa!« Der Bezirkshauptmann legt endlich die Zeitung aus der Hand, stützt die Ellenbogen auf den Tisch, wendet sich dem Sohn zu und sagt: »Sie hat dir einen billigen Cognac gegeben. Ich trinke immer Hennessy.« »Werd’s mir merken, Papa!« »Trinke übrigens selten.« »Jawohl, Papa!« »Bist noch etwas blaß. Leg ab! Der Major Kreidl ist drüben, sieht herüber!« Carl Joseph erhebt sich und grüßt mit einer Verbeugung den Major. »War er unangenehm, der Slama?« »Nein, recht netter Kerl!« »Na also!« Carl Joseph legt den Mantel ab. »Wo hast denn die Briefe?« fragt der Bezirkshauptmann. Der Sohn holt das Päckchen aus der Manteltasche. Der alte Herr von Trotta faßt es an. Er wiegt es in der Rechten, legt es wieder hin und sagt: »Recht viele Briefe!« »Jawohl, Papa!« Es ist still, man hört das Klappern der Billardkugeln und der Schachfiguren, und draußen rinnt der Regen. »Übermorgen rückst du ein!« sagt der Bezirkshauptmann mit einem Blick zum Fenster. Auf einmal fühlt Carl Joseph die dürre Hand des Vaters über seiner Rechten. Die Hand des Bezirkshauptmanns liegt über der des Leutnants, kühl und knöchern, eine harte Schale. Carl Joseph senkt die Augen auf die Tischplatte. Er wird rot. Er sagt: »Jawohl, Papa!« »Zahlen!« ruft der Bezirkshauptmann und entfernt seine Hand. »Sagen Sie dem Fräulein«, bemerkt er zum Kellner, »daß wir nur Hennessy trinken!« In einer schnurgeraden Diagonale gehn sie durch das Lokal zur Tür, der Vater und hinter ihm der Sohn. Es tropft nur noch sacht und singend von den Bäumen, während sie langsam durch den feuchten Garten nach Hause gehn. Aus dem Tor der Bezirkshauptmannschaft tritt der Wachtmeister Slama im Helm, mit Gewehr und aufgepflanztem Bajonett und Dienstbuch unter dem Arm. »Grüß Gott, lieber Slama!« sagt der alte Herr von Trotta. »Nichts Neues, was?« »Nichts Neues!« wiederholt der Wachtmeister. 52
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Radetzkymarsch
Title
Radetzkymarsch
Author
Joseph Roth
Date
1932
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
294
Keywords
Roman, Geschichte, KUK, Österreich, Ungarn
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Teil 1 3
    1. Kapitel 1 5
    2. Kapitel 2 20
    3. Kapitel 3 31
    4. Kapitel 4 45
    5. Kapitel 5 53
    6. Kapitel 6 69
    7. Kapitel 7 81
    8. Kapitel 8 100
  2. Teil 2 111
    1. Kapitel 1 112
    2. Kapitel 2 122
    3. Kapitel 3 136
    4. Kapitel 4 153
    5. Kapitel 5 167
    6. Kapitel 6 178
    7. Kapitel 7 191
  3. Teil 3 202
    1. Kapitel 1 203
    2. Kapitel 2 219
    3. Kapitel 3 236
    4. Kapitel 4 251
    5. Kapitel 5 272
    6. Kapitel 6 281
  4. Epilog 288
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