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Radetzkymarsch
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Schwiegervater. »Gar keine Veranlassung!« wiederholte Herr Knopfmacher. »Ich aber habe Veranlassung! Ich kenne meine Tochter! Du kennst deine Frau nicht! Die Herren Leutnants kenn’ ich auch! Und überhaupt die Männer! Ich will nichts gegen die Armee gesagt haben. Bleiben wir bei der Sache. Als meine Frau, deine Schwiegermutter, noch jung war, hab’ ich Gelegenheit gehabt, die jungen Männer – in Zivil und in Uniform – kennenzulernen. Ja, komische Leute seid ihr, ihr, ihr –« Er suchte nach einer gemeinsamen Bezeichnung irgendeiner ihm selbst nicht genau bekannten Gemeinschaft, der sein Schwiegersohn und noch andere Dummköpfe angehören mochten. Am liebsten hätte er »ihr akademisch Gebildeten!« gesagt. Denn er war gescheit, wohlhabend und angesehen geworden, ohne Studium. Ja, man war im Begriff, ihm in diesen Tagen den Titel des Kommerzialrats zu verschaffen. Er spann einen süßen Traum in die Zukunft, einen Traum von Geldspenden, großen Geldspenden. Deren unmittelbare Folge war der Adel. Und wenn man zum Beispiel die ungarische Staatsbürgerschaft annahm, so konnte man noch schneller adelig werden. In Budapest machte man einem das Leben nicht so schwer. Es waren übrigens auch Akademiker, die einem das Leben schwermachten, lauter Konzeptsbeamte, Dummköpfe! Sein eigener Schwiegersohn machte es ihm schwer. Wenn jetzt ein kleiner Skandal mit den Kindern ausbricht, kann man noch lange auf den Kommerzialrat warten! Überall muß man nach dem Rechten sehn, selbst, persönlich! Auf die Tugend fremder Gattinnen muß man auch aufpassen! »Ich möchte dir, lieber Max, ehe es zu spät ist, reinen Wein einschenken!« Der Regimentsarzt liebte dieses Wort nicht, er liebte nicht, um jeden Preis die Wahrheit zu hören. Ach, er kannte seine Frau genausogut wie Herr Knopfmacher seine Tochter! Aber er liebte sie, was war dagegen zu tun! Er liebte sie. In Olmütz hatte es den Bezirkskommissär Herdall gegeben, in Graz den Bezirksrichter Lederer. Wenn es nur nicht Kameraden waren, dankte der Regimentsarzt Gott und auch seiner Frau. Wenn man nur die Armee verlassen könnte. Man schwebte ständig in Lebensgefahr. Wie oft hatte er schon einen Anlauf genommen, dem Schwiegervater vorzuschlagen … Er setzte noch einmal an. »Ich weiß«, sagte er, »daß sich Eva in Gefahr befindet. Immer. Seit Jahren. Sie ist leichtsinnig, leider. Sie treibt es nicht bis zum Äußersten«, er hielt ein und betonte: »nicht bis zum Äußersten!« Er mordete mit diesem Wort alle seine eigenen Zweifel, die ihn seit Jahren nicht in Ruhe ließen. Er rottete seine Unsicherheit aus, er bekam die Gewißheit, daß seine Frau ihn nicht betrog. »Keineswegs!« sagte er noch einmal laut. Er wurde ganz sicher: »Eva ist ein anständiger Mensch, trotz allem!« 73
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Radetzkymarsch
Title
Radetzkymarsch
Author
Joseph Roth
Date
1932
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
294
Keywords
Roman, Geschichte, KUK, Österreich, Ungarn
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Teil 1 3
    1. Kapitel 1 5
    2. Kapitel 2 20
    3. Kapitel 3 31
    4. Kapitel 4 45
    5. Kapitel 5 53
    6. Kapitel 6 69
    7. Kapitel 7 81
    8. Kapitel 8 100
  2. Teil 2 111
    1. Kapitel 1 112
    2. Kapitel 2 122
    3. Kapitel 3 136
    4. Kapitel 4 153
    5. Kapitel 5 167
    6. Kapitel 6 178
    7. Kapitel 7 191
  3. Teil 3 202
    1. Kapitel 1 203
    2. Kapitel 2 219
    3. Kapitel 3 236
    4. Kapitel 4 251
    5. Kapitel 5 272
    6. Kapitel 6 281
  4. Epilog 288
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