Page - 107 - in Radetzkymarsch
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»Haben Sie eine Ahnung, wohin Sie transferiert werden?«
»Nein«, sagte der Leutnant, »aber ich werde mich bemühen, sehr weit weg
zu kommen!«
»Sehr weit? Wohin zum Beispiel?«
»Vielleicht nach Bosnien!«
»Glauben Sie, daß Sie dort glücklich sein können?«
»Ich glaube nicht, daß ich irgendwo glücklich sein kann!«
»Ich wünsche Ihnen, daß Sie es werden!« sagte sie flink, sehr flink, wie es
Trotta vorkam.
Sie erhob sich, kam mit einem Aschenbecher zurück, stellte ihn auf den
Boden, zwischen sich und den Leutnant, und sagte:
»Wir werden uns also wahrscheinlich nie mehr wiedersehn!«
Nie mehr! Das Wort, das gefürchtete, das uferlose, tote Meer der tauben
Ewigkeit! Nie mehr konnte man Katharina sehn, den Doktor Demant, diese
Frau! Carl Joseph sagte:
»Wahrscheinlich! Leider!« Er wollte hinzufügen: Auch Max Demant werde
ich nie mehr wiedersehn! »Witwen gehören verbrannt!«, eines der kühnen
Sprichwörter Taittingers, kam dem Leutnant gleichzeitig in den Sinn.
Man hörte die Klingel, darauf Bewegung im Korridor. »Das ist mein
Vater!« sagte Frau Demant. Schon trat Herr Knopfmacher ein. »Ah, da sind
Sie ja, Sie sind es ja!« sagte er. Er brachte einen herben Schneegeruch ins
Zimmer. Er entfaltete ein großes, blütenweißes Taschentuch, schneuzte sich
dröhnend, barg das Tuch behutsam in der Brusttasche, wie man einen
wertvollen Besitz einsteckt, streckte die Hand nach der Türleiste und
entzündete die Deckenlampe, trat näher an Trotta, der sich beim Eintritt
Knopfmachers erhoben hatte und nun seit einer Weile stehend wartete, und
drückte ihm stumm die Hand. In diesem Händedruck kündigte Herr
Knopfmacher alles an, was an Kummer über den Tod des Doktors
auszudrücken war. Schon sagte Knopfmacher, nach der Deckenlampe
zeigend, zu seiner Tochter: »Entschuldige, ich kann so trauriges
Stimmungslicht nicht ausstehen!« Es war, als hätte er einen Stein nach dem
umflorten Porträt des Toten geworfen.
»Sie sehen aber schlecht aus!« sagte Knopfmacher im nächsten Augenblick
mit frohlockender Stimme. »Hat Sie furchtbar hergenommen, dieses Unglück,
wie?«
»Er war mein einziger Freund!«
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Radetzkymarsch
- Title
- Radetzkymarsch
- Author
- Joseph Roth
- Date
- 1932
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 294
- Keywords
- Roman, Geschichte, KUK, Österreich, Ungarn
- Categories
- Weiteres Belletristik