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Radetzkymarsch
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Also kam es, daß dem Sohn Carl Joseph, Freiherr von Trotta und Sipolje, die südliche Grenze verschlossen blieb und er lediglich die Wahl hatte, im Innern des Reiches zu dienen oder an dessen östlicher Grenze. Er entschied sich für das Jägerbataillon, das nicht weiter als zwei Meilen von der russischen Grenze stationiert war. In der Nähe lag das Dorf Burdlaki, die Heimat Onufrijs. Dieses Land war die verwandte Heimat der ukrainischen Bauern, ihrer wehmütigen Ziehharmonikas und ihrer unvergeßlichen Lieder: Es war die nördliche Schwester Sloweniens. Siebzehn Stunden saß Leutnant Trotta im Zug. In der achtzehnten tauchte die letzte östliche Bahnstation der Monarchie auf. Hier stieg er aus. Sein Bursche Onufrij begleitete ihn. Die Jägerkaserne lag in der Mitte des Städtchens. Bevor sie in den Hof der Kaserne traten, bekreuzigte sich Onufrij dreimal. Es war Morgen. Der Frühling, lange schon heimisch im Innern des Reiches, war erst vor kurzem hierhergelangt. Schon leuchtete der Goldregen an den Hängen des Eisenbahndamms. Schon blühten die Veilchen in den feuchten Wäldern. Schon quakten die Frösche in den unendlichen Sümpfen. Schon kreisten die Störche über den niederen Strohdächern der dörflichen Hütten, die alten Räder zu suchen, die Fundamente ihrer sommerlichen Behausung. Die Grenze zwischen Österreich und Rußland, im Nordosten der Monarchie, war um jene Zeit eines der merkwürdigsten Gebiete. Das Jägerbataillon Carl Josephs lag in einem Ort von zehntausend Einwohnern. Er hatte einen geräumigen Ringplatz, in dessen Mittelpunkt sich seine zwei großen Straßen kreuzten. Die eine führte von Osten nach Westen, die andere von Norden nach Süden. Die eine führte vom Bahnhof zum Friedhof. Die andere von der Schloßruine zur Dampfmühle. Von den zehntausend Einwohnern der Stadt ernährte sich ungefähr ein Drittel von Handwerk aller Art. Ein zweites Drittel lebte kümmerlich von seinem kargen Grundbesitz. Und der Rest beschäftigte sich mit einer Art von Handel. Wir sagen: eine Art von Handel: Denn weder die Ware noch die geschäftlichen Bräuche entsprachen den Vorstellungen, die man sich in der zivilisierten Welt vom Handel gemacht hat. Die Händler jener Gegend lebten viel eher von Zufällen als von Aussichten, viel mehr von der unberechenbaren Vorsehung als von geschäftlichen Überlegungen, und jeder Händler war jederzeit bereit, die Ware zu ergreifen, die ihm das Schicksal jeweilig auslieferte, und auch eine Ware zu erfinden, wenn ihm Gott keine beschert hatte. In der Tat, das Leben dieser Händler war ein Rätsel. Sie hatten keine Läden. Sie hatten keinen Namen. Sie hatten keinen Kredit. Aber sie besaßen einen scharfgeschliffenen Wundersinn für alle geheimen und geheimnisvollen Quellen des Geldes. Sie lebten von fremder Arbeit; aber sie schufen Arbeit 113
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Radetzkymarsch
Title
Radetzkymarsch
Author
Joseph Roth
Date
1932
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
294
Keywords
Roman, Geschichte, KUK, Österreich, Ungarn
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Teil 1 3
    1. Kapitel 1 5
    2. Kapitel 2 20
    3. Kapitel 3 31
    4. Kapitel 4 45
    5. Kapitel 5 53
    6. Kapitel 6 69
    7. Kapitel 7 81
    8. Kapitel 8 100
  2. Teil 2 111
    1. Kapitel 1 112
    2. Kapitel 2 122
    3. Kapitel 3 136
    4. Kapitel 4 153
    5. Kapitel 5 167
    6. Kapitel 6 178
    7. Kapitel 7 191
  3. Teil 3 202
    1. Kapitel 1 203
    2. Kapitel 2 219
    3. Kapitel 3 236
    4. Kapitel 4 251
    5. Kapitel 5 272
    6. Kapitel 6 281
  4. Epilog 288
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