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Radetzkymarsch
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Krankheit weiterlebten, soweit sich Herr von Trotta erinnern konnte, war in seiner näheren und weiteren Umgebung keine derartige Ausnahme zu bemerken. Er klingelte noch einmal. »Ich möchte die Post«, sagte er zu Fräulein Hirschwitz, »aber schicken Sie sie mit irgend jemandem, bitte! – Was fehlt denn dem Jacques übrigens?« »Er hat Fieber!« sagte Fräulein Hirschwitz. »Er wird sich erkältet haben!« »Erkältet?! Im Mai!?« »Er ist nicht mehr jung!« »Lassen Sie den Doktor Sribny kommen!« Dieser Doktor war der Bezirksarzt. Er amtierte in der Bezirkshauptmannschaft von neun bis zwölf. Bald mußte er da sein. Nach Ansicht des Bezirkshauptmanns war er ein »honetter Mann«. Indessen brachte der Amtsdiener die Post. Der Bezirkshauptmann sah nur die Umschläge an, gab sie zurück und befahl, sie in die Kanzlei zu legen. Er stand am Fenster und konnte sich nicht genug darüber verwundern, daß die Welt draußen noch gar nichts von den Veränderungen in seinem Hause zu wissen schien. Er hatte heute weder gegessen noch die Post gelesen. Jacques lag an einer rätselhaften Krankheit danieder. Und das Leben ging weiter seinen gewohnten Gang. Sehr langsam, mit mehreren unklaren Gedanken beschäftigt, schritt Herr von Trotta ins Amt, zwanzig Minuten später als sonst setzte er sich an den Schreibtisch. Der erste Bezirkskommissär kam, Bericht zu erstatten. Es hatte gestern wieder eine Versammlung tschechischer Arbeiter gegeben. Ein Sokolfest war angesagt, Delegierte aus »slawischen Staaten« – gemeint waren Serbien und Rußland, aber im dienstlichen Dialekt niemals namentlich erwähnt – sollten morgen schon kommen. Auch die Sozialdemokraten deutscher Zunge machten sich bemerkbar. In der Spinnerei wurde ein Arbeiter von seinen Kameraden geschlagen, angeblich und nach den Spitzelberichten, weil er es ablehnte, in die rote Partei einzutreten. All dies bekümmerte den Bezirkshauptmann, es schmerzte ihn, es kränkte ihn, es verwundete ihn. Alles, was die ungehorsamen Teile der Bevölkerung unternahmen, um den Staat zu schwächen, Seine Majestät den Kaiser mittelbar oder unmittelbar zu beleidigen, das Gesetz ohnmächtiger zu machen, als es ohnehin schon war, die Ruhe zu stören, den Anstand zu verletzen, die Würde zu verhöhnen, tschechische Schulen zu errichten, oppositionelle Abgeordnete durchzusetzen: all das waren gegen ihn selbst, den Bezirkshauptmann, unternommene Handlungen. Zuerst hatte er die Nationen, die Autonomie und das »Volk«, das 125
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Radetzkymarsch
Title
Radetzkymarsch
Author
Joseph Roth
Date
1932
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
294
Keywords
Roman, Geschichte, KUK, Ă–sterreich, Ungarn
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Teil 1 3
    1. Kapitel 1 5
    2. Kapitel 2 20
    3. Kapitel 3 31
    4. Kapitel 4 45
    5. Kapitel 5 53
    6. Kapitel 6 69
    7. Kapitel 7 81
    8. Kapitel 8 100
  2. Teil 2 111
    1. Kapitel 1 112
    2. Kapitel 2 122
    3. Kapitel 3 136
    4. Kapitel 4 153
    5. Kapitel 5 167
    6. Kapitel 6 178
    7. Kapitel 7 191
  3. Teil 3 202
    1. Kapitel 1 203
    2. Kapitel 2 219
    3. Kapitel 3 236
    4. Kapitel 4 251
    5. Kapitel 5 272
    6. Kapitel 6 281
  4. Epilog 288
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