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Radetzkymarsch
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»mehr Rechte« verlangte, nur geringgeschätzt. Allmählich begann er, sie zu hassen, die Schreiner, die Brandstifter, die Wahlredner. Er schärfte dem Bezirkskommissär ein, jede Versammlung sofort aufzulösen, in der man es sich etwa einfallen ließ, »Resolutionen« zu fassen. Von allen in der letzten Zeit modern gewordenen Worten haßte er dieses am stärksten; vielleicht, weil es nur eines winzigen andern Buchstabens bedurfte, um in das schändlichste aller Worte verwandelt zu werden: in Revolution. Dieses hatte er vollends ausgerottet. In seinem Sprachschatz, auch im dienstlichen, kam es nicht vor; und wenn er in dem Bericht eines seiner Untergebenen etwa die Bezeichnung »revolutionärer Agitator« für einen der aktiven Sozialdemokraten las, so strich er dieses Wort und verbesserte mit roter Tinte: »verdächtiges Individuum«. Vielleicht gab es irgendwo in der Monarchie Revolutionäre: Im Bezirk des Herrn von Trotta kamen sie nicht vor. »Schicken Sie mir nachmittags den Wachtmeister Slama!« sagte Herr von Trotta zum Kommissär. »Verlangen Sie für diese Sokoln Gendarmerieverstärkung. Schreiben Sie einen kurzen Bericht für die Statthalterei, geben Sie ihn mir morgen. Vielleicht müssen wir uns mit der Militärbehörde in Verbindung setzen. Der Gendarmerieposten hat jedenfalls ab morgen Bereitschaft. Ich möchte gern einen knappen Auszug aus dem letzten Ministerialerlaß betreffend Bereitschaft haben.« »Jawohl, Herr Bezirkshauptmann!« »So. Ist der Doktor Sribny schon dagewesen?« »Er ist gleich zu Jacques gerufen worden.« »Ich hätte ihn gern gesprochen.« Der Bezirkshauptmann berührte heute kein Aktenstück mehr. Damals, in den ruhigen Jahren, als er angefangen hatte, sich in der Bezirkshauptmannschaft einzurichten, hatte es noch keine Autonomisten, keine Sozialdemokraten und verhältnismäßig wenig »verdächtige Individuen« gegeben. Es war auch im langsamen Laufe der Jahre kaum zu merken, wie sie wuchsen, sich ausbreiteten und gefährlich wurden. Es war nun dem Bezirkshauptmann, als machte ihn erst die Erkrankung Jacques’ mit einemmal auf die grausamen Veränderungen der Welt aufmerksam und als bedrohte der Tod, der jetzt am Bettrand des alten Dieners sitzen mochte, nicht diesen allein. Wenn Jacques stirbt, fiel es dem Bezirkshauptmann ein, so stirbt gewissermaßen der Held von Solferino noch einmal und vielleicht – und hier stockte eine Sekunde das Herz des Herrn von Trotta – derjenige, den der Held von Solferino vor dem Tode bewahrt hatte. Oh! Nicht nur Jacques war heute krank geworden! Uneröffnet lagen noch die Briefe vor dem Bezirkshauptmann auf dem Schreibtisch: Wer weiß, was sie enthalten 126
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Radetzkymarsch
Title
Radetzkymarsch
Author
Joseph Roth
Date
1932
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
294
Keywords
Roman, Geschichte, KUK, Ă–sterreich, Ungarn
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Teil 1 3
    1. Kapitel 1 5
    2. Kapitel 2 20
    3. Kapitel 3 31
    4. Kapitel 4 45
    5. Kapitel 5 53
    6. Kapitel 6 69
    7. Kapitel 7 81
    8. Kapitel 8 100
  2. Teil 2 111
    1. Kapitel 1 112
    2. Kapitel 2 122
    3. Kapitel 3 136
    4. Kapitel 4 153
    5. Kapitel 5 167
    6. Kapitel 6 178
    7. Kapitel 7 191
  3. Teil 3 202
    1. Kapitel 1 203
    2. Kapitel 2 219
    3. Kapitel 3 236
    4. Kapitel 4 251
    5. Kapitel 5 272
    6. Kapitel 6 281
  4. Epilog 288
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