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Radetzkymarsch
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Stühle. Sachte und gespenstisch schaukelten bei jeder Bewegung der Spieler die leeren Ärmel. Über den Köpfen lagerte eine dichte Gewitterwolke aus Zigarettenrauch. Die winzigen Köpfchen der Zigaretten erglommen rötlich und silbern im grauen Dunst und schickten immer neue, bläuliche Nebelnahrung zur dichten Gewitterwolke empor. Und unter der sichtbaren Wolke von Rauch schien eine zweite aus Lärm zu lagern, eine brausende, brummende, summende Wolke. Schloß man die Augen, so konnte man glauben, eine ungeheure Schar von Heuschrecken sei mit schrecklichem Gesang über die sitzenden Menschen losgelassen worden. Hauptmann Wagner kam völlig verwandelt durch den Vorhang ins Café zurück. Seine Augen lagen in violetten Höhlen. Über seinen Mund hing struppig der braune Schnurrbart, dessen eine Hälfte seltsamerweise verkürzt erschien, und am Kinn standen die rötlichen Bartstoppeln, ein üppiges, kleines Feld von winzigen Lanzen. »Wo bist du, Trotta?« rief der Hauptmann, obwohl er Brust an Brust vor dem Leutnant stand. »Zweihundert verloren!« rief er. »Dies verfluchte Rot! Es ist aus mit meinem Glück im Roulette. Man muß es anders versuchen!« Und er schleppte Trotta zu den Kartentischen. Kapturak und Brodnitzer erhoben sich. »Gewonnen?« fragte Kapturak, denn er sah, daß der Hauptmann verloren hatte. »Verloren, verloren!« brüllte der Hauptmann. »Schade, schade!« sagte Kapturak. »Sehen Sie zum Beispiel mich: Wie oft habe ich schon gewonnen und verloren! Sehen Sie, alles hatte ich schon verloren! Alles hab’ ich wiedergewonnen! Nicht immer beim selben Spiel bleiben! Nur nicht immer beim selben Spiel bleiben! Das ist die Hauptsache!« Hauptmann Wagner hakte den Rockkragen auf. Die gewöhnliche bräunliche Röte kehrte wieder in sein Gesicht. Sein Schnurrbart ordnete sich gleichsam von selbst. Er schlug Trotta auf den Rücken. »Du hast noch nie eine Karte angerührt!« Trotta sah Kapturak ein blankes Spiel neuer Karten aus der Tasche ziehen und es behutsam auf den Tisch legen, wie um dem bunten Angesicht der untersten Karte nicht weh zu tun. Er streichelte das Päckchen mit seinen hurtigen Fingern. Wie dunkelgrüne, glatte Spiegelchen glänzen die Rücken der Karten. In ihrer sanften Wölbung schwimmen die Lichter der Decke. Einzelne Karten erheben sich von selbst, stehen senkrecht auf ihrer scharfen Schmalseite, legen sich bald auf den Rücken und bald auf den Bauch, sammeln sich zum Häufchen, dieses entblättert sich mit einem sanften Geknatter, läßt die schwarzen und roten Gesichter wie ein kurzes, buntes Gewitter vorbeirauschen, schließt sich neuerlich, fällt auf den Tisch, verteilt in kleinere Häufchen. Diesen entgleiten einzelne Karten, rücken zärtlich ineinander, jede den halben Rücken der andern deckend, runden sich hierauf zu einem Kreis, erinnern an eine seltsame umgestülpte und flache 158
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Radetzkymarsch
Title
Radetzkymarsch
Author
Joseph Roth
Date
1932
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
294
Keywords
Roman, Geschichte, KUK, Österreich, Ungarn
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Teil 1 3
    1. Kapitel 1 5
    2. Kapitel 2 20
    3. Kapitel 3 31
    4. Kapitel 4 45
    5. Kapitel 5 53
    6. Kapitel 6 69
    7. Kapitel 7 81
    8. Kapitel 8 100
  2. Teil 2 111
    1. Kapitel 1 112
    2. Kapitel 2 122
    3. Kapitel 3 136
    4. Kapitel 4 153
    5. Kapitel 5 167
    6. Kapitel 6 178
    7. Kapitel 7 191
  3. Teil 3 202
    1. Kapitel 1 203
    2. Kapitel 2 219
    3. Kapitel 3 236
    4. Kapitel 4 251
    5. Kapitel 5 272
    6. Kapitel 6 281
  4. Epilog 288
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