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Radetzkymarsch
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»Und du?« »Gar nicht!« sagte der Leutnant. Er wußte in diesem Augenblick, auf welche Weise man mächtig werden konnte. Er empörte sich gegen sein mäßiges Geschick. Er wünschte sich ein glanzvolles. Wenn er Staatsbeamter geworden wäre, hätte er vielleicht Gelegenheit gehabt, einige seiner geistigen Tugenden, die er gewiß besaß, nützlich anzuwenden, Karriere zu machen. Was war ein Offizier im Frieden?! Was hatte der Held von Solferino selbst im Krieg und durch seine Tat gewonnen?! »Daß du nur nicht spielst!« sagte Frau von Taußig. »Du siehst nicht aus wie einer, der Glück im Spiel hat!« Er war gekränkt. Sofort faßte ihn die Begierde, zu beweisen, daß er Glück habe, überall! Er begann, geheime Pläne zu brüten, für heute, jetzt, für diese Nacht. Seine Umarmungen waren gleichsam vorläufige Umarmungen, Proben einer Liebe, die er morgen geben wollte als ein Mann, nicht nur ausgezeichnet, sondern auch mächtig. Er dachte an die Zeit, sah auf die Uhr und überlegte schon eine Ausflucht, um nicht zu spät fortzukommen. Frau Wally schickte ihn selbst weg. »Es wird spät, du mußt gehen!« »Morgen vormittag!« »Morgen vormittag!« Der Hotelportier nannte einen Spielsaal in der Nähe. Man begrüßte den Leutnant mit geschäftiger Höflichkeit. Er sah ein paar höhere Offiziere und blieb vor ihnen in der vorgeschriebenen Erstarrung stehen. Lässig winkten sie ihm zu, verständnislos starrten sie ihn an, als begriffen sie überhaupt nicht, daß man sie militärisch behandle; als wären sie längst nicht mehr Angehörige der Armee und nur noch nachlässige Träger ihrer Uniformen; und als weckte dieser ahnungslose Neuling in ihnen eine sehr ferne Erinnerung an eine sehr ferne Zeit, in der sie noch Offiziere gewesen waren. Sie befanden sich in einer anderen, vielleicht in einer geheimeren Abteilung ihres Lebens, und nur noch ihre Kleider und Sterne erinnerten an ihr gewöhnliches, alltägliches Leben, das morgen mit dem anbrechenden Tag wieder beginnen würde. Der Leutnant überzählte seine Barschaft, sie betrug hundertundfünfzig Kronen. Er legte, wie er es beim Hauptmann Wagner gesehen hatte, fünfzig Kronen in die Tasche, den Rest in das Zigarettenetui. Eine Weile saß er an einem der beiden Roulettetische, ohne zu setzen – Karten kannte er zu wenig, und er wagte sich nicht an sie. Er war ganz ruhig und über seine Ruhe erstaunt. Er sah die roten, weißen, blauen Häufchen der Spielmarken kleiner werden, größer werden, hierhin und dorthin rücken. Aber es fiel ihm nicht ein, daß er eigentlich gekommen war, um sie alle an seinen Platz wandern zu sehen. Er entschloß sich endlich zu setzen, und es war nur wie eine Pflicht. Er gewann. Er setzte die Hälfte des Gewinstes und gewann noch einmal. Er sah nicht nach den Farben und nicht nach den Zahlen. Er setzte gleichmütig irgendwohin. Er 175
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Radetzkymarsch
Title
Radetzkymarsch
Author
Joseph Roth
Date
1932
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
294
Keywords
Roman, Geschichte, KUK, Österreich, Ungarn
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Teil 1 3
    1. Kapitel 1 5
    2. Kapitel 2 20
    3. Kapitel 3 31
    4. Kapitel 4 45
    5. Kapitel 5 53
    6. Kapitel 6 69
    7. Kapitel 7 81
    8. Kapitel 8 100
  2. Teil 2 111
    1. Kapitel 1 112
    2. Kapitel 2 122
    3. Kapitel 3 136
    4. Kapitel 4 153
    5. Kapitel 5 167
    6. Kapitel 6 178
    7. Kapitel 7 191
  3. Teil 3 202
    1. Kapitel 1 203
    2. Kapitel 2 219
    3. Kapitel 3 236
    4. Kapitel 4 251
    5. Kapitel 5 272
    6. Kapitel 6 281
  4. Epilog 288
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