Page - 218 - in Radetzkymarsch
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Sommers und von der Trockenheit des vergangenen und der
vorauszusehenden Strenge des kommenden Winters. Skowronnek ging bis zur
Tür der Bezirkshauptmannschaft. »Sie haben recht getan mit Ihrem Brief,
Herr Bezirkshauptmann!« sagte er.
»Ja, ja!« bestätigte Herr von Trotta.
Er ging an den Tisch und aß hastig sein halbes Huhn mit Salat, ohne ein
Wort. Die Haushälterin warf ihm verstohlene, ängstliche Blicke zu. Sie
bediente selbst, seitdem Jacques tot war. Sie verließ das Zimmer noch vor
dem Bezirkshauptmann, mit einem mißlungenen Knicks, wie sie ihn vor
dreißig Jahren als kleines Mädchen vor ihrem Schuldirektor ausgeführt hatte.
Der Bezirkshauptmann winkte ihr nach mit einer Handbewegung, mit der
man Fliegen verscheucht. Dann erhob er sich und ging schlafen. Er fühlte sich
müde und fast krank, die vergangene Nacht lag als ein ferner Traum in seiner
Erinnerung, aber als ein ganz naher Schrecken noch in seinen Gliedern.
Er schlief ruhig ein, er glaubte, das Schwerste hätte er überstanden. Er
wußte nicht, der alte Herr von Trotta, daß ihm das Schicksal bitteren Kummer
spann, dieweil er schlief. Alt war er und müde, und der Tod wartete schon auf
ihn, aber das Leben ließ ihn noch nicht frei. Wie ein grausamer Gastgeber
hielt es ihn am Tische fest, weil er noch nicht alles Bittere gekostet hatte, das
für ihn bereitet war.
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Radetzkymarsch
- Title
- Radetzkymarsch
- Author
- Joseph Roth
- Date
- 1932
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 294
- Keywords
- Roman, Geschichte, KUK, Österreich, Ungarn
- Categories
- Weiteres Belletristik