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Radetzkymarsch
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Leutnants. Brodnitzer selbst trug den Koffer zum Wagen. »Sie waren ein lieber Mieter, Herr Baron!« sagte Brodnitzer. Er stand, den Hut in der Hand, neben dem Wagen. Chojnicki hielt schon die Zügel. Trotta fühlte eine plötzliche Zärtlichkeit für Brodnitzer – Leben Sie wohl! wollte er sagen. Aber Chojnicki schnalzte mit der Zunge, und die Pferde zogen an, sie hoben die Köpfe und die Schwänze gleichzeitig, und die leichten, hohen Räder des Wägelchens rollten knirschend durch den Sand der Straße wie durch ein weiches Bett. Sie fuhren zwischen den Sümpfen dahin, die vom Lärm der Frösche widerhallten. »Hier werden Sie wohnen!« sagte Chojnicki. Es war ein kleines Haus, am Rande des Wäldchens, mit grünen Jalousien, wie sie vor dem Fenster der Bezirkshauptmannschaft angebracht waren. Jan Stepaniuk hauste hier, ein Unterförster, ein alter Mann mit herabhängendem, langem Schnauzbart aus oxydiertem Silber. Er hatte zwölf Jahre beim Militär gedient. Er sagte »Herr Leutnant« zu Trotta, heimgekehrt zur militärischen Muttersprache. Er trug ein grobgewebtes Leinenhemd mit schmalem, blau-rot besticktem Kragen. Der Wind blähte die breiten Ärmel des Hemdes, es sah aus, als wären seine Arme Flügel. Hier blieb der Leutnant Trotta. Er war entschlossen, niemanden von seinen Kameraden wiederzusehen. Beim Schein der flackernden Kerze, in seiner hölzernen Stube, schrieb er dem Vater, auf gelblichem, fasrigem Kanzleipapier, die Anrede vier Finger Abstand vom oberen Rand, den Text zwei Finger Abstand vom seitlichen. Alle Briefe glichen einander wie Dienstzettel. Er hatte wenig Arbeit. Er trug die Namen der Lohnarbeiter in große, schwarz-grün gebundene Bücher ein, die Löhne, den Bedarf der Gäste, die bei Chojnicki wohnten. Er addierte die Zahlen, guten Willens, aber falsch, berichtete vom Stand des Geflügels, von den Schweinen, von dem Obst, das man verkaufte oder behielt, von dem kleinen Gelände, in dem der gelbe Hopfen wuchs, und von der Darre, die jedes Jahr an einen Kommissionär vermietet wurde. Er kannte nun die Sprache des Landes. Er verstand einigermaßen, was die Bauern sagten. Er handelte mit den rothaarigen Juden, die schon Holz für den Winter einzukaufen begannen. Er lernte die Unterschiede zwischen dem Wert der Birken, der Fichten, der Tannen, der Eichen, der Linden und des Ahorns kennen. Er knauserte. Genauso wie sein Großvater, der Held von Solferino, der Ritter der Wahrheit, zählte er mit hageren, harten Fingern harte 274
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Radetzkymarsch
Title
Radetzkymarsch
Author
Joseph Roth
Date
1932
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
294
Keywords
Roman, Geschichte, KUK, Österreich, Ungarn
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Teil 1 3
    1. Kapitel 1 5
    2. Kapitel 2 20
    3. Kapitel 3 31
    4. Kapitel 4 45
    5. Kapitel 5 53
    6. Kapitel 6 69
    7. Kapitel 7 81
    8. Kapitel 8 100
  2. Teil 2 111
    1. Kapitel 1 112
    2. Kapitel 2 122
    3. Kapitel 3 136
    4. Kapitel 4 153
    5. Kapitel 5 167
    6. Kapitel 6 178
    7. Kapitel 7 191
  3. Teil 3 202
    1. Kapitel 1 203
    2. Kapitel 2 219
    3. Kapitel 3 236
    4. Kapitel 4 251
    5. Kapitel 5 272
    6. Kapitel 6 281
  4. Epilog 288
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