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Radetzkymarsch
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Wehklagen um jene unter ihnen, die Soldaten waren und morgen schon einrücken mußten. Sie gaben sich die Hände, sie küßten sich auf die Backen, und wo zwei sich umarmten, vereinigten sich ihre roten Bärte wie zu einem besonderen Abschied, und die Männer mußten mit den Händen die Bärte voneinander trennen. Über den Köpfen schlugen die Glocken. Zwischen ihren Gesang und die Rufe der Juden fielen die schneidenden Stimmen der Trompeten aus den Kasernen. Man blies den Zapfenstreich, den letzten Zapfenstreich. Schon war die Nacht gekommen. Man sah keinen Stern. Trüb, niedrig und flach hing der Himmel über dem Städtchen! Trotta kehrte um. Er suchte nach einem Wagen, es gab keinen. Er ging mit schnellen, großen Schritten zu Chojnicki. Das Tor stand offen, alle Zimmer waren erleuchtet wie bei den »großen Festen«. Chojnicki kam ihm im Vorraum entgegen, in Uniform, mit Helm und Patronentäschchen. Er ließ einspannen. Er hatte drei Meilen bis zu seiner Garnison, er wollte in der Nacht fort. »Wart einen Augenblick!« sagte er. Er sagte zum erstenmal du zu Trotta, vielleicht aus Unachtsamkeit, vielleicht, weil er schon in Uniform war. »Ich fahr’ dich noch vorbei und dann in die Stadt.« Sie fuhren vor Stepaniuks Häuschen. Chojnicki setzt sich. Er sieht zu, wie Trotta sein Zivil ablegt und die Uniform anzieht. Stück für Stück. So hat er vor einigen Wochen erst – aber lang ist es her! – in Brodnitzers Hotel zugesehen, wie Trotta seine Uniform ausgezogen hatte. Trotta kehrte in seine Montur zurück, in seine Heimat. Er zieht den Säbel aus dem Futteral. Er schnallt die Feldbinde um, die riesigen, schwarz-gelben Quasten streicheln zärtlich das schimmernde Metall des Säbels. Jetzt schließt Trotta den Koffer. Sie haben nur wenig Zeit, Abschied zu nehmen. Sie halten vor der Kaserne der Jäger. »Adieu!« sagt Trotta. Sie drücken sich die Hand sehr lange, die Zeit vergeht fast hörbar hinter dem breiten, unbeweglichen Rücken des Kutschers. Es ist, als wäre es nicht genug, die Hände zu drücken. Sie fühlen, daß man mehr tun müßte. »Bei uns küßt man sich«, sagt Chojnicki. Sie umarmen sich also und küssen sich schnell. Trotta steigt ab. Der Posten vor der Kaserne salutiert. Die Pferde ziehen an. Hinter Trotta fällt das Tor der Kaserne zu. Er steht noch einen Augenblick und hört den Wagen Chojnickis wegfahren. 280
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Radetzkymarsch
Title
Radetzkymarsch
Author
Joseph Roth
Date
1932
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
294
Keywords
Roman, Geschichte, KUK, Österreich, Ungarn
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Teil 1 3
    1. Kapitel 1 5
    2. Kapitel 2 20
    3. Kapitel 3 31
    4. Kapitel 4 45
    5. Kapitel 5 53
    6. Kapitel 6 69
    7. Kapitel 7 81
    8. Kapitel 8 100
  2. Teil 2 111
    1. Kapitel 1 112
    2. Kapitel 2 122
    3. Kapitel 3 136
    4. Kapitel 4 153
    5. Kapitel 5 167
    6. Kapitel 6 178
    7. Kapitel 7 191
  3. Teil 3 202
    1. Kapitel 1 203
    2. Kapitel 2 219
    3. Kapitel 3 236
    4. Kapitel 4 251
    5. Kapitel 5 272
    6. Kapitel 6 281
  4. Epilog 288
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