Web-Books
in the Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Weiteres
Belletristik
Radetzkymarsch
Page - 290 -
  • User
  • Version
    • full version
    • text only version
  • Language
    • Deutsch - German
    • English

Page - 290 - in Radetzkymarsch

Image of the Page - 290 -

Image of the Page - 290 - in Radetzkymarsch

Text of the Page - 290 -

haben, Ihretwegen!« »Jetzt gehen wir zum Patienten!« sagte Frau von Taußig. Denn sie fühlte Tränen aufsteigen, und sie war der Meinung, daß sie nicht weinen dürfe. Chojnicki saß in einer kahlen Stube, aus der man alle Gegenstände weggeräumt hatte, weil er manchmal wütend werden konnte. Er saß auf einem Sessel, dessen vier Füße im Boden festgeschraubt waren. Als der Bezirkshauptmann eintrat, erhob er sich, ging dem Gast entgegen und sagte zu Frau von Taußig: »Geh hinaus, Wally! Wir haben was Wichtiges zu besprechen!« Nun waren sie allein. Es gab ein Guckloch an der Tür. Chojnicki ging zur Tür, verdeckte mit dem Rücken das Guckloch und sagte: »Willkommen in meinem Hause!« Sein kahler Schädel erschien Herrn von Trotta aus rätselhaften Gründen noch kahler. Von den etwas vorgewölbten blauen, großen Augen des Kranken schien ein eisiger Wind auszugehen, ein Frost, der über das gelbe verfallene und zu gleicher Zeit aufgedunsene Angesicht dahinwehte und über die Wüste des Schädels. Von Zeit zu Zeit zuckte der rechte Mundwinkel Chojnickis. Es war, als ob er mit dem rechten Mundwinkel lächeln wollte. Seine Fähigkeit zu lächeln hatte sich justament im rechten Mundwinkel festgesetzt und den Rest des Mundes für immer verlassen. »Setzen Sie sich!« sagte Chojnicki. »Ich habe Sie kommen lassen, um Ihnen etwas Wichtiges mitzuteilen. Verraten Sie es niemandem! Außer Ihnen und mir weiß es heute kein Mensch: Der Alte stirbt!« »Woher wissen Sie das?« fragte Herr von Trotta. Chojnicki, immer noch an der Tür, hob den Finger gegen die Zimmerdecke, legte ihn dann an die Lippen und sagte: »Von oben!« Dann wandte er sich um, öffnete die Tür, rief: »Schwester Wally!« und sagte zu Frau von Taußig, die sofort erschienen war: »Die Audienz ist beendet!« Er verbeugte sich. Herr von Trotta ging hinaus. Er ging durch die langen Korridore, begleitet von Frau von Taußig, die breiten Stufen hinunter. »Vielleicht hat es gewirkt!« sagte sie. Herr von Trotta empfahl sich und fuhr zum Bahnrat Stransky. Er wußte selbst nicht genau, warum. Er fuhr zu Stransky, der sich mit einer geborenen Koppelmann vermählt hatte. Die Stranskys waren zu Hause. Man erkannte den Bezirkshauptmann nicht sofort. Man begrüßte ihn dann, verlegen und wehmütig und kalt zugleich, wie ihm schien. Man gab ihm Kaffee und Cognac. »Carl Joseph!« sagte Frau Stransky, geborene Koppelmann. »Wie er Leutnant war, ist er sofort zu uns gekommen. Er war ein lieber Junge!« Der Bezirkshauptmann kämmte seinen Backenbart und schwieg. Dann kam 290
back to the  book Radetzkymarsch"
Radetzkymarsch
Title
Radetzkymarsch
Author
Joseph Roth
Date
1932
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
294
Keywords
Roman, Geschichte, KUK, Österreich, Ungarn
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Teil 1 3
    1. Kapitel 1 5
    2. Kapitel 2 20
    3. Kapitel 3 31
    4. Kapitel 4 45
    5. Kapitel 5 53
    6. Kapitel 6 69
    7. Kapitel 7 81
    8. Kapitel 8 100
  2. Teil 2 111
    1. Kapitel 1 112
    2. Kapitel 2 122
    3. Kapitel 3 136
    4. Kapitel 4 153
    5. Kapitel 5 167
    6. Kapitel 6 178
    7. Kapitel 7 191
  3. Teil 3 202
    1. Kapitel 1 203
    2. Kapitel 2 219
    3. Kapitel 3 236
    4. Kapitel 4 251
    5. Kapitel 5 272
    6. Kapitel 6 281
  4. Epilog 288
Web-Books
Library
Privacy
Imprint
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Radetzkymarsch