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werden konnte. Weithin ragten die Burg, der St. Stefansdom mit seinem huchanstrebenden
Thurm, die Kirche zu St, Michael, die der Minoriten, der Augustiner, der Dominicaner
und die Thürme der steinernen Höfe des Adels und der Klöster empor.
Dank den Freihcitsbriefcn der Habsburger konnten weder die Geistlichkeit noch der
Adel die Bürger schädigen. Diese waren lehcnsfähig und zur Erwerbung von Landgütern
berechtigt. Sie wühlten frei aus ihrer Mitte den Bürgermeister nud die Stadträthe, Ihre
eigenen Mitbürger entschieden über Leben und Eigenthum. Ihrem Schutze war die Stadt
anvertraut und ohne ihren Willen konnte kein Fremder das Weichbild betreten. Seit dem
Jahre 1396 faßen im Stadtrathe nicht allein Haus- und Grundbesitzer, sondern anch
Kaufleute und Handwerker, wenn sie auch keinen Hausbesitz hatten. Jeder von ihnen
konnte das Amt eines Bürgermeisters erlangen. Schon Albrecht II. beschränkte die Ver-
mächtnisse von Bürgern an Klöster und Weltgeistliche und Herzog Rudolf IV. erhöhte den
Werth des bürgerlichen Grundes und Bodens durch die Ablösbarteit der Renten und
Zinse. Er ließ von den zahlreichen Gerichten nur das Hofgcricht, das Stadtgericht,
das Münzgericht und das Iudcngericht fortbestehen, beschränkte die Anzahl der Asyle bis
auf jene der Burg, der Probstei zu St. Stcfan und des Schottenklosters, hob die Steuer-
freiheit der Klöster, des Adels und der Hofbediensteten ans uud verbot die Errichtung von
Zechen und Innungen ohne Zustimmung des Stadtrathes. Jeder Handwerker, der länger
als ein Jahr hier fein Gewerbe ausübte, mußte das Bürgerrecht erwerben. Auf die
Leitung der weltlichen Schulen behielten die Bürger den ihnen von Kaiser Friedrich II.
eingeräumten Wirkungskreis. Alles, was die Verwaltung des Gemeinwefeus berührte, die
Handhabung der Straßen- und Sicherheitspolizei, die EinHebung der Steuern, die Über-
wachung der Märkte und die oberste Leitnng der für Arme und Kranke bestehenden Spitäler
mit Ausschluß der auf besonderen Stiftungen beruhenden Anstalten lag in ihren Händen.
Zu dem wichtigsten Nahrungszwcige der Bürger war der Weinbau gediehen.
Soweit das Auge von den Stadtwällen reichte, bedeckten Rebenpflanzungen die Anhöhen,
deren Erträgnisse die fremden Kausieute mit Vorliebe gegen andere Waaren eintaufchten.
In den Weinstuben der Bürgerhäuser und der Klosterhöfe war es bei Musik und Spiel oft
fchon Vormittags fo lebhaft, daß der Stadtrath gegen das Treiben dafelbst strenge Maß-
regeln ergriff. Zum Schutze des Weinbaues der Bürger bestanden die Verbote der Einfuhr
ungarischer und italienischer Weine. Nur in einer von der Gemeinde errichteten Taverne
durften vom Jahre 1370 angefangen südländische Weine in kleineren Gefäßen verkauft
werden. Die Klöster blieben auf den Ausschaut einer bestimmten Quantität ihres Bau-
weines befchränkt. Vom Lande genossen nur einzelne Städte die Begünstigung des Verkaufes
ihrer Weine in Wicu. So ausgedehnt war der Weiubau, daß die Anlage neuer Weingärten
beschränkt wurde, „damit der Wein nicht zu billig und das Getreide zu theuer werde".
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien, Band 1
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien
- Band
- 1
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.13 x 22.72 cm
- Seiten
- 348
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch
Inhaltsverzeichnis
- Landschaftliche Lage Wiens 3
- Zur Geschichte Wiens 5
- Wiens architektonische Entwicklung 51
- Wiener Volksleben 91
- Die Musik in Wien 123
- Die deutsche Literatur in Wien und Niederösterreich 139
- Das Wiener Schauspiel 169
- Malerei und Plastik in Wien 205
- Wiener Kunstindustrie 263
- Voltswirthschaftliches Leben in Wien 277