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werden als Bauleiter, endlich der französische Miuorit Iatob, Beichtvater Herzogs
Albrecht II., als Schöpfer des schönen Portals in der zweiten Hälfte des XIV. Jahr-
hunderts nrkundlich genannt.
Die Kirche der Angustinermöuche (heute St. Augustin), jenes Ordens, der aus seiner
um die Mitte des XIII. Jahrhunderts außer dem Werderthore bestandenen Ansiedlung
durch Friedrich den Schönen in die Stadt berufen wurde nnd infolge eines Gelübdes
diefcs Fürsten um 1337 ein Kloster nächst der Burg erhielt, ist ein in ihrer Art einheitliches
und banlich vollständig erhaltenes, aber einfaches Wert gothischen Stiles, ein Bau von
großen Dimensionen, dessen Grundstein 1330 gelegt wurde und dessen Weihe 1349 erfolgte.
Die Tafeln der Bau^ und Steinmctze in Wien nennen als Bauleiter den Meister Dietrich
Landtner ans Baiern. Der zuerst begonnene, somit ältere Theil, der auch schou 1339
vollendet war, ist das mächtige drcischiffige, hallenförmig angelegleLanghaus von 46 Meter
Länge, 10 Meter Breite im Mittelschiffe uud 18 Meter Höhe. Das Presbnterinm liegt um
etliche Stufen höher und schließt an das Mittelschiff unmittelbar au, daher das Querfchift
entfällt. Es ist in der Construction dem Langhaufe ähnlich, scheint jedoch um eiuige
Decennien jünger, besteht aus fünf Jochen und dem ans dem Zchneck mit sieben Seiten
eigenthümlich eonstruirteu Chorschluß. Lauge 30 Meter, Breite 12 Meter. Höhe 22 Meter.
Langhaus nud Presbyterinm werden von mächtigen Spitzbogenfenstern, derzeit ohne
Maßwert, beleuchtet. Die Außenseite der Kirche repräsentirt stch der klösterlichen Übnng
gemäß als ein einfacher gothischer Ban mit kräftigen Strebepfeilern. Der Thnrm steht
neben dem Presbyterium und mußte viele harte Schicksale durchmache«, bis er zu seiner
heutigen Gestaltnng kam. An der Südseite des Langhauses liegt die Georgskirche, eine große
zweischiffige Kapelle zu je drei Jochen nnd mit Polygonen Abschlüssen in jedem Schiffe,
mit Kreuzgewölben uud fchöuen Schlußsteinen. Sie wurde 1341 eingeweiht und war von
der zur Unterstützung des dentschrn Ordens in Preußen nud zur Reinhaltung des ritter-
lichen Weseus gebildeten Rittergesellschaft der Temvlaise gegründet worden, als deren
Vcrsammlnngsort sie diente.
In die Reihe der mittelalterlichen Kirchenbanten gehört endlich auch die Kirche
am Hof, anfänglich die Ordcnskirche der Carmcliten, entstanden im ersten Vicrtcl des
XV. Jahrhunderts, die unter den seit 1554 statt des eben genannten Ordens eingeführten
Jesuiten durch weitgeheudeModeruisirungeu arg verunstaltet wurde, so daß der urfprüngliche
gothische Baucharaktcr nur mehr im Grundrisse und in der Außenseite des Presbyteriums
erkennbar blieb. Ein geräumiger drcischiffiger Hallenbau mit Polygon geschlossenem Chor.
Letzterer ist in seiner vicrjochigen Gewölbeanlagc noch intaet, aber dnrch ein hölzernes
unschönes Zwischengewölbe in Tonnenform untertheilt. An dem Baue sollen unter anderen
Lutas Schwendler 1415. Mathes HeMing 1419 bis 1422 gewirkt haben.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien, Band 1
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien
- Band
- 1
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.13 x 22.72 cm
- Seiten
- 348
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch
Inhaltsverzeichnis
- Landschaftliche Lage Wiens 3
- Zur Geschichte Wiens 5
- Wiens architektonische Entwicklung 51
- Wiener Volksleben 91
- Die Musik in Wien 123
- Die deutsche Literatur in Wien und Niederösterreich 139
- Das Wiener Schauspiel 169
- Malerei und Plastik in Wien 205
- Wiener Kunstindustrie 263
- Voltswirthschaftliches Leben in Wien 277