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musikalischen Firmament warm im XV. und XVI. Jahrhundert nicht so dicht gesäet als
im XVIII. und XIX.
Es folgte auf die Niederländer die musikalische Oberherrschaft der Ital iener;
diese genossen kaum an einem anderen Hofe so glänzende Aufnahme und Anstellung als
in Wien. Sie hoben nnter den musikliebenden und musiktuudigen Kaisern Leopold I.,
Josef I. und Karl VI. die berühmte kaiserliche Hoftaftelle auf ihre glänzendste Höhe.
Herbeigeführt war diese Glanzepoche durch die zu Anfang des XVII. Jahrhunderts in
Italien erfundene Oper. Unter dem Hoftapellmeister I. I. Fux (geboren 1660 in
Steiermart), einem Opern- und Kirchencomponisten uou europäischem Ruf, entfaltete die
italienische Oper — damals eine ausfchließliche Hoffestlichkeit — ihre üppigste Pracht
iu Wien.
Um die Mitte des XVIII. Jahrhunderts eröffnet sich eine neue Welt der Tonkunst,
nnd Wien wird der Ausgangs- und Mittelpunkt derselben. Während die Italiener noch
init geschwächter Kraft sich eine Zeit lang fortbehaupteten, beginnt iu Wien mit Gluck,
Haydn uud Mozart die Herrschaft deutscher Componisten und verbreitet sich von hier
bald über das musikalische Europa. Beethoven und Schubert folgen unmittelbar, ein
neues ungeahntes Reich des Schönen erschließend. Welch einziges Vild entrollt uns jene
glorreiche lange Periode der Wiener Musik, jeue Aufeinanderfolge fünf großer, zum Theil
noch gleichzeitig wirkender Tondichter, deren jeder gleichsam wieder eine eigene Dynastie
begründet hat!
Um eine Spanne Zeit den Übrigen voraus und auf eineni streng abgegrenzten
Kunstgebiet beharrend erfcheint uns Christof uon Gluck in einer gewissen aristokratischen
Abgeschlossenheit. Zwar auf baierischem Grunde geboren, aber schon als Knabe mit seinen
Eltern nach Böhmen hinübcrgcsiedclt, in Prag gebildet und bald in Wien als Hofopern-
tapellmeister angestellt, kann Gluck mit Fug und Recht ein Österreicher heißeu. Die Oper
nach reinen künstlerischen Grundsätzen zu reformiren ist das Ziel feines Lebens. Die beiden
ersten entscheidenden Schritte auf dieser neuen Nahn wagt er in Wien und schreibt für
die Wiener Oper seinen „Orpheus" und seine „Alceste". Der Wiener Kritiker Josef
von Sonuenfels, der „Mann ohne Vorurtheile", ist der Erste, der Glucks Größe
anerkennt. Noch lebte Gluck als kaiserlicher Hofcomvofiteur hochgeehrt und begütert in
seinem Hause auf der Wiede», als der 18 Jahre jüngere Josef Haydn als Schöpfer eines
anderen großen Kuustgebietes: der Symphonie und des Quartetts, auftrat. Haydus
Instrumentalmusik eroberte bald die Welt nnd trng österreichisches Gemüth, österreichischen
Humor iu alle Lande. Nachdem Haydn durch seine Quartette deu musikalischen Sinn in der
Familie und die Leistungsfähigkeit bescheidener Dilettanten gehoben, drängte er durch seiue
Symphonien, für welche das allgemeine Entzücken eine ausreichende stabile Form suchte,
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien, Band 1
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien
- Band
- 1
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.13 x 22.72 cm
- Seiten
- 348
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch
Inhaltsverzeichnis
- Landschaftliche Lage Wiens 3
- Zur Geschichte Wiens 5
- Wiens architektonische Entwicklung 51
- Wiener Volksleben 91
- Die Musik in Wien 123
- Die deutsche Literatur in Wien und Niederösterreich 139
- Das Wiener Schauspiel 169
- Malerei und Plastik in Wien 205
- Wiener Kunstindustrie 263
- Voltswirthschaftliches Leben in Wien 277