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Neuzeit. Wirtlich verlangte man iu der zweiten Hälfte des XIV. Jahrhunderts vuu der
Dichtung nur mehr den «nmittelbarcu 3!utzen. Heinrich der Teichner, der fruchtbarste und
berühmteste Spruchdichter feiner Zeit, kam mit feiuer massenhaften Pruductiou diesem
Bedürfnisse entgegen. Ans ihn folgt Peter Suchenwirt: er liefert gereimte Wapven-
beschreibungeu, Lob- und Ehrenreden zum Preifc von Fürsten und Edle» nnd begleitet die
bedeutendsten geschichtliche» Ereignisse der Zeit mit seine» Verse». Ihn erfüllt «och die
Vorstellung einer großen Vergangenheit, mit deren ritterlichem Glänze die Gegenwart
»ichts gemein hat. »nd er stellt die Wiener Sitten jeuer Tage in seinem herben Tadel oft
»icht vortheilhafter hin als Bchcim i» friuem „Buch von deu Wienern". Zuletzt verliert
sich die Dichtung gauz iu die Prosa und Gelehrsamkeit: Gregor Hagens Gcschichtschrouit
entsteht nnd Heinrich von Mügeln. ein gelehrter Dichter, schreibt eine uugarifchc Chrouit
in der Umgebung des Erzherzogs Rudolf IV. von Habsburg, welcher 1365 die Wiener
Universität gründete uud den Bciuameu des Stifters führt.
Einen schönere» Abschluß hat das Mittelalter uirgeuds gefunden nnd eineu
verheißungsvolleren Anfang die neue Zeit nirgends genommen als iu der Person des
Kaisers Maximil ian I., in welcher sich zwei Zeitalter die Hände reichen. Ein Meister in
jeglicher körperlichen Knnst, der gewandteste Fechter und der tollkühnste Reiter seiuer Zeit,
scheiut er das Ideal des ritterlichen Mannes mit hinüber zu tragen in das Jahrhundert
der Reformation, Mit demselben Interesse, welches er der Dichtuug des absterbenden
Ritterthums bewahrt uud dem wir die bedeutendste Sammlung der „Heldengedichte"
des Mittelalters, das sogenannte Ambraser Heldenbnch, verdanken i ȟt demselben
Interesse verfolgt er die Bestrebungen der nenlateinischen Dichter und Humanisten und
verhilft durch feine mächtige Unterstützung nud Förderung ihre» Te»dcnzeu zum endliche»
Siege. Erst nachdem durch den Humanismus die scholastische Lehrmethode verdrängt war,
erreichte die Universität in Wien ihre erste Blüte: au ihr hielt der berühmte Astronom
Georg Peucrbach 1454 uud 1460 die ersten Vorlesungen über römische Classiter i»
Deutschland. Zu Beginn der Regierung Maximilians erhielt feruer die Bnchdruckerkuust
in Wien einen festen und dauernden Sitz. Der Kaiser wirkte anregend nnd veranlassend
auf allen Gebieten, namentlich auf deueu der Geschichte, der Genealogie uud der Landes-
beschreibung. Er lieble es, Männer von Geist nnd Wissen um ihren Rath zu fragen, und
suchte sie in seine Nähe zu ziehen. Er war bestäudig vo» einem Kreise vo» Gelehrten nnd
lateinische» Dichter« umgeben, welche als sein Hofstaat oder als seine Akademie gelten
konnten nnd sich in Verherrlichung seiner glanzvollen Persönlichkeit überboten. Er hat den
bedeutendsten lateinischen Dichter der Zeit, Eeltis, nach Wien berufen, welcher hier 1497
die gelehrte Donaugcsellschaft gründete und mit den Studenten lateinische Schuldramen
aufführte. Auch Hütte» erschien vorübergehend in diesem Kreise. Kaiser Max war endlich
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien, Band 1
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien
- Band
- 1
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.13 x 22.72 cm
- Seiten
- 348
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch
Inhaltsverzeichnis
- Landschaftliche Lage Wiens 3
- Zur Geschichte Wiens 5
- Wiens architektonische Entwicklung 51
- Wiener Volksleben 91
- Die Musik in Wien 123
- Die deutsche Literatur in Wien und Niederösterreich 139
- Das Wiener Schauspiel 169
- Malerei und Plastik in Wien 205
- Wiener Kunstindustrie 263
- Voltswirthschaftliches Leben in Wien 277