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Aber die zarten Pflau.;nugen Maximilians fanden bei den folgenden Generationen
weder Schutz noch Pssege. Das Jahrhundert der Reformation ist an der Entwicklung der
deutschen Lilcratnr in Österreich spurlos vorübergegangen. Lobsprüche auf die Stadt
Wien wurde» im Zeitalter der Renaissance freilich Mode: der ehrsame Schulmeister bei
den Schotten iu Wie», Wolfgang Schmelz!, welcher mit Thomas Vrumier zu Steyer sich
in den Ruhm eiues österreichischen Hans Sachs theilt, eröffnete sie im Jahre 1547, und
kein Geringerer als Hans Sachs selber war unter seinen Nachfolgern, Aber sie preisen
Wien nicht als eine geistig bedeutende Statte, sondern als ein Paradies des Wohllebens,
als Prachtvolle, lebenslustige nnd genußreiche Stadt. Die Zeiten der Gegenreformation
und des dreißigjährigen Krieges vollends sahen die österreichische Literatur ans dein tiefsten
Punkte, auf welchen sie jemals lierabgcsnnken ist. In den Iesnitenschnlen wurde der
Unterricht nicht mehr in deutscher, sondern in lateinischer Sprache ertheilt, und damit war
der Weiterentwicklung des deutschen Schriftthums im Innern des Landes der Boden
entzogen. Die Einführung der Censnr zerstörte jeden geistigen Verkehr mit dem protestan-
tischen Deutschland und verhinderte auf diese Weise ebenso die Befruchtuug von außen.
Die Mcistersingerschnleu, welche mit der Lnlhcr'schen Lehre nach Österreich gekommen
waren und mit dieser das Los der Verfolgung theilten, wanderten mit ihren Satznngen
und Sainmluugeu aus und nichts blieb zurück als das lateinische Schuldrama, welches
von den Jesuiten mit unerhörtem Glanz «nd Pomp in Seene gesetzt wurde.
Während iu den höheren Kreisen von Wien. durch die geographische Lage uud
geschichtliche,, Verhältnisse begünstigt, die italienische Literatur eine ruhmvolle Epoche erlebte,
blieb bei den, Volte nur ein einziges Element der Poesie in Kraft: das drastische oder der
Spaß. welcher seit alten Zeiten hier niemals fehlte oder versagte. Selbst die Kanzel stand ihm
jetzt nicht zu hoch und Abraham a Sancta Clara, ein geborner Schwabe, Hofprediger
zu Wien, verband ihn auf die geschickteste Weise mit der Satire und mit der Predigt. Ein
Virtuose auf seinem Instrumente, auf dem ihm kein Knustgriff fremd war, verstand er sich
auch ans die Schwächen seiner Zuhörer und verfehlte deßhalb niemals den beabsichtigten
Effect. Nnf der ständigen Wiener Schaubühne ließen sich inzwischen, abwechselnd mit dem
Schwulst und Bombast der Haupt- und Staatsactionen, die rohen Späße des Hans Wurst
vernehmen. Extemporirt, wie sie waren, haben beide mit der Literatur so weuig zn schaffen,
als die Krenzercomödien, die Thierhetzen uud Feuerwerke, au welcheu sich das Publicum in
den Vorstädten oder in, Prater erlustigte.
Auch oie ganze erste Hälfte des XVI!l. Jahrhunderts war für die deutsche Literatur
in Österreich verloren. Der Plan einer Akademie der Wissenschaften in Wien, welchen
Leibnitz iin zweiten Decenniun, vorgelegt und der bereits die kaiserliche Genehmigung
erhalten hatte, kam ebensowenig zur Ausführung, als es den, Hofdichter Heraus gelang,
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien, Band 1
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien
- Band
- 1
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.13 x 22.72 cm
- Seiten
- 348
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch
Inhaltsverzeichnis
- Landschaftliche Lage Wiens 3
- Zur Geschichte Wiens 5
- Wiens architektonische Entwicklung 51
- Wiener Volksleben 91
- Die Musik in Wien 123
- Die deutsche Literatur in Wien und Niederösterreich 139
- Das Wiener Schauspiel 169
- Malerei und Plastik in Wien 205
- Wiener Kunstindustrie 263
- Voltswirthschaftliches Leben in Wien 277