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Männer der früheren Zeit, wie Adolf Ritter von Tschabuschmga,, haben sich später auf
diesem Felde versucht. Während der Tendenzroman im Sinne der Iungdentfchen fast nur
durch die anspruchsvollen Produtte Brauns von Brannthal (Jean Charles) vertreten ist,
haben die Torfgeschichten und Culturbilder in Österreich hochbegabte Vertreter gefunden i.
Josef Rauk eutlehnte seine Stoffe dem Böhmerwalde, August Silbcrsteiu den österreichischen
Gebirgsländern; Leopold Kompert schildert in ergreifenden Bildern das Leben und Treiben
des böhmischen Ghetto uud Karl Emil Franzos hat die Culturzustände Halbasiens der
dichterischen Betrachtung erschlossen. Auch Ludwig Anzengruber hat, neben seinen trefflichen
Volksstncken, ergreifende Bilder aus dem Leben des nicderösterrcichischeu Landvolkes
geschaffen. Über deu Ocean fchweiftc die Phantasie Knrubergers, des für die Prusadichtuug
so reich begabten Vertreters des „Anierikamiiden". Andere, wie Franz Schuselta und
Friedrich Schlögl, griffen in der Nähe zn uud holten ihre Stoffe aus dem Wiener
Volksleben. Unzweifelhaft bildet diese Nichtuug die Stärke der niederösterreichischen
Roiuaudichtnng, der Gesellschafts- und Eittenroman stand hinter ihr zurück: doch haben
Friedrich Uhl, August Silberstein und Andere auch hier Verdienstliches geleistet, während
die Sensntionsromane der Wolfram undAuoerer mehr momentanes Auffehen als dauerndes
Gefallen erregten. Anch der historische Roman kommt an Zahl uud Bedeutung dem
Culturbilde nicht gleich, leicht dürfte Heinrich Laubes „deutscher Krieg" auf diesem
Gebiete die bedeutendste Erscheinung der letzten Deccnnien sein. Für das Bedürfniß eines
weiteren Leserkreises, nicht ohne Talent, aber ohne weises Zusammenhalten ihrer Kräfte,
schrieben Leopold Breier, Theodor Scheibe und August Schirmcr Romane aus der
allgemeinen und österreichischen Geschichte uud aus dem modernen Leben. Auch die Theil-
nahme der Fraueu, welche sich hier am liebste» hiuter Männernamen verbergen, hat dem
Romane nicht gefehlt: ich nenne E. Ritter, Ernst von Waldow uud aus der ueuesteu Zeit
Emil Marrwt, welcher sich au die realistische uud naturalistische Darstellnngsweise der
modcrueu Franzosen anschließt. Auch die Novellcndichtung ist seit 1859 in Österreich
erfreulich fortgeschritten. Wir finden sie zunächst in deu Erzeugnissen Faust Pachters auf
dem Standpunkte der Zeitungsuouelle wieder, anf welchem wir sie iu deu Vierziger-Jahren
verlassen haben. Auch späterhin, aber in vornehmerer Gestalt, ist das Talent für die Novelle
mit der Begabung für das Feuilleton oft Hand in Hand gegangen. Ferdinand Kürnberger,
Hicronymus Lorm, Karl Erdmaun Edler, Iohaunes Nordmann, Emerich Ranzoni,
BalduinGroller, Ludwig Heuest, Ferdinand Groß und andere unserer besten Feuillelouisten
und Essayisten zahlen auch zu unseren besten Novellisten. Nicht selten war auch, wie einst
bei Kleist, das Talent für Roman und Novelle mit dem Dramatischen vereint, wie bei
Grillparzer, Halm, Hebbcl, Mosenlhal, Saar, Weilen, Wilbraudt und Anderen mehr. In
den Reisenovelleu und Wandernovellen vou Julius von der Traun, Alexander Gigl,
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien, Band 1
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien
- Band
- 1
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.13 x 22.72 cm
- Seiten
- 348
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch
Inhaltsverzeichnis
- Landschaftliche Lage Wiens 3
- Zur Geschichte Wiens 5
- Wiens architektonische Entwicklung 51
- Wiener Volksleben 91
- Die Musik in Wien 123
- Die deutsche Literatur in Wien und Niederösterreich 139
- Das Wiener Schauspiel 169
- Malerei und Plastik in Wien 205
- Wiener Kunstindustrie 263
- Voltswirthschaftliches Leben in Wien 277