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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien, Band 1
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202 ihm anmelden läßt, befiehlt er, die Leichname in seinem Zelt, die er in seinem unberechen- baren Zorn geliefert, zn beseitigen. „Laß aber erst das Zelt ordentlich zusammeuräumen. Überall liegen Erstochene herum: nur keine Schlamperei!" Durchaus ist hier echt komische Steigerung vorhanden und Holofernes wird ans seinem eigenen Geiste heraus vernichtet. Nestroys parodistische Kraft war in der That einzig. Für alles Nichtige und Lächerliche besaß er ein scharfes Auge. Nicht nur Hebbel hatte diese Kraft an sich erfahren, sondern auch die Schicksalsdichter, sowie Friedrich Halm, Meyerbeer und Richard Wagner. Freilich auch nach dem Höchsten hat Nestroy seine uufromme Hand ausgestreckt uud das Reine war nicht sicher vor seinem Griff. Tas ist oft einseitig ausgesprochen worden und hat das Urtheil über Nestroy getrübt. Man hört sagen, Nestroy habe den Wienern ihre Ideale zerstört. Dieses Urtheil ist zu hart, zu unbedingt. Nestroy ist nicht als ein Fremder nach Wien gekommen, hat den Wienern das Joch seines Geistes nicht gewaltsam aufgelegt, im Gegentheil, er ist aus dem Schoße Wiens aufgestiegen und hat sich nur vorhandener Richtungen bemächtigt, vorhandene Neigungen gesteigert. Als er heraufkam, gab es in Österreich kein großes öffentliches Interesse. Alles wurde von oben beforgt, der Staat war dem Österreicher eine verbotene Sache. Erwerb und Genuß, ein Trittes gab es nicht. Und wie leicht war der Erwerb, wie billig der Genuß! Mit einem Silberzwanziger kounte damals ein einzelner Mann einen Tag lang stott leben. Der Dunstkreis von Wien war erfüllt von dem Dufte gebackener Hühner, von der Blume des Gumpoldstirchener Gewächses, und dazwischen hörte man den bezaubernden Dreischlag der Walzer von Strauß und Lanner. Der Frühling hatte feine Vlumeu, der Sommer seine Ausflüge, der Winter feinen Tanz und das ganze Jahr feine schonen Frauen. Gegen die Übergriffe der Großen wehrte man sich durch einen schlechten Witz, der die angeborne Lachlust befriedigte. Und doch versteckten sich unter dieser glatten Oberstäche ernstere Regungen, die nur des befreienden Wortes harrten, um sich hervorznwagen. Für eine solche Lage der Geister und Gemüther war Nestroy gerade der rechte Mann. Eine gute, rechtliche, innerlich weiche Natur — denn ihn, den Unbändigen, fesselte zuletzt eine kleine Frauenhand — ging ihm alle Ungerechtigkeit, alles Nichtige, das sich aufbläht, alles Lächerliche, das imponiren will, zu Herzen. Die Form seines Zornes war der Witz, der Sarkasmus und manchmal jene schamlose Entrüstung: der Cynismus. Er stieg die ganze Leiter des Spottes auf und nieder und fein vernichtender Hohn konnte sich momentan bis zu Swift'scher Höhe steigern. Wie es eine hlllbstumme Zeit mit sich brachte, flüchtete Nestroy seine halbe Kraft in sein stummes Spiel. Was das Wort unausgesprochen ließ und lassen mußte, gab sein Spiel kund. Er hatte witzige Geberden, spöttische Mienen, ja das Spiel seiner Augen und Augenbrauen war dämonisch und tonnte sich bis zum Teuflischen verzerren. Wenn er nun durch feinen Witz nicht selten wahrhaft befreiend wirkte, so hielt er doch nicht immer die
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien, Band 1
Titel
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Untertitel
Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien
Band
1
Herausgeber
Erzherzog Rudolf
Verlag
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Ort
Wien
Datum
1886
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
16.13 x 22.72 cm
Seiten
348
Schlagwörter
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Kategorien
Kronprinzenwerk deutsch

Inhaltsverzeichnis

  1. Landschaftliche Lage Wiens 3
  2. Zur Geschichte Wiens 5
  3. Wiens architektonische Entwicklung 51
    1. Römische Baudenkmale 51
    2. Mittelalterliche Baudenkmale 52
    3. Baudenkmale des XVI. bis XVIII. Jahrhunderts 62
    4. Die Wiener Architektur des XIX. Jahrhunderts 70
  4. Wiener Volksleben 91
  5. Die Musik in Wien 123
  6. Die deutsche Literatur in Wien und Niederösterreich 139
  7. Das Wiener Schauspiel 169
  8. Malerei und Plastik in Wien 205
    1. Vom Mittelalter bis zur Neuzeit 205
    2. Das XIX. Jahrhundert 228
  9. Wiener Kunstindustrie 263
  10. Voltswirthschaftliches Leben in Wien 277
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