Seite - 204 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien, Band 1

sie adelt, so leicht ins Lächerliche fallen. Nestroy und seine Zeit haben einander gemacht und verstanden. In ihm erscheint noch einmal der Wiener Spaßgeist des vorigen Jahr- hunderts, aber mit schärferen Organen ausgestattet und mit einer zugleich vereinfachten und wirtsameren dramatischen Technik. Nestroy war der letzte große Hanswurst der Wiener. Fragen wir nun, indem wir auf die durchwanderte Gegend zurückschallen, was Wien für das Schauspiel geleistet, so ist die Antwort erfreulich genug. Es hat die Hanswnrstzeit gründlicher in sich verarbeitet als irgend eine dentsche Stadt nnd durch seine komischen Erfindungen die Bühnen Dentschlands von sich abhängig gemacht. Es hat in seinem Burgtheater eine musterhafte deutsche Buhne geschaffen, die in ihrer Darstellung canonifches Ansehen genießt. Es hat in Grillparzer einen tragischen Dichter, in Bauernfeld einen Lustspieldichter hervorgebracht, deren Werke in ihrer Art classisch siud. Es hat in Raimunds Schauspielen das deutsche Volksstück idealisirt. Das Alles ist aus der Natur und dem Geiste Wiens hervorgegangen, und es ist daher dem Wiener nicht zu verargen, wenn er mit Vorliebe bei seinen Bühuenerinnerungen verweilt und mit einigem Selbstgefühl ans sein Theater blickt.