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Bedeutendste leistete jedoch die Plastik, wenn auch in ganz bescheidenem Maßstabe. Don
ersten Rang »mimt das herrliche, mit Ornamenten und Büsten rcichgeschmückte Portal der
Salvatorkirche im Frührenaissance-Stil ein, ein zierliches Meißelwcrk, welches an Altären
venetianischcr Kirchen sein unverkennbares Vorbild findet. Ferner repräsentirt die Richtung
eine ganze Reihe von tafelartig an den Wänden befestigten Epitaphien in der Gestalt
kleiner Altärchen mit dockenförmigen Säulchen, die dann ein Relief zu umrahmen pflegen.
Sie sind für Wien geradezu typisch und anderorts selten. Namen von Künstlern dieser
Grabwerke sind außer demjenigen des Meisters Dichter um 1513 bis 1517, welchem die
Vollendung der Friedrichstumba und das prächtige bemalte Denkmal des Priesters
Kaltenmarkter im Dom angehört, nicht überliefert. Die deutsche Renaissauce im Charakter
der nach-Dürer'fchen Richtung vertritt die schöne Orabtumba des Vertheidigers von Wien
anno 1529, Grafen Niklas Salm, einst im Dorotheerstifte, jetzt in der Votwkirche auf-
gestellt. Von Malerei der eigentlichen Renaissance hat sich sehr wenig erhalten, wenngleich
die Urkunden Malernameu iu großer Menge vorführen. Das Wesentlichste sind die
Dccorationen der schönen Durchgangs halle im Echweizcrhof der Burg (1551 von
Ferraboseo hergestellt) und das Gewölbe eines Gemaches im Landhause. Neide enthalten
reiche phantastische Zusammenstellungen von Ornamenten antikisircnden Charakters mit
Emblemen, zuweilen derbsatirischer Art, Verzierungen, welche von den römischen Grotesken
der Loggien ausgehend diese Ornamentik in deutschen Knnstgeist umgefetzt zeigeu.
Weungleich die habsburgischeu Fürsten seit dem knnstsinuigeu Gönner des Stefans-
mnnsters Rudolf IV. niemals versäumt hatten, den Flor der Stadt in künstlerischer
Hinsicht zu fördern, so bcgiuut doch erst feit dcu Tagen der späteren Renaissance ihre
eigentliche stete Fürsorge. Denn bis auf Maximilian II., dcffen Sohn und Nachfolger, der
als Kunstfreund unübertroffene Rudolf II. übrigens ebenfalls auswärts residirte, verweilten
fie dauernd nicht in Wien; felbst des großen Kunstförderers Maximilian I. Walten hatte
mehr Früchte für Tirol, für Franken uud audere Theile des Reiches getragen als für
Österreichs Capitale, deßgleichen Karls V. hoher Kunstsinn, obwohl ihm Tizian und die
größten Meister der Renaissance dienstbar waren. Unter Maximilian II. vollzog sich
indeß eine sehr wichtige Sache, Es war die Zeit des Sammeleifers, der Bildung von
Antitencabiucten und Mufecn gekommen uud auch Wien erhielt durch seinen kunstliebenden
Kaiser, dem ein Strada und andere gelehrte Männer zur Seite standen, die ersten Schätze
von antiken Büsten, Münzen, Bronzen und dergleichen. Verbindungen mit italienischen
Künstlern, zum Theil ersten Ranges wie Giovanni da Bologna, wurden seitens des kaiser-
lichen Hofes eingegangen «nd dadurch deren elegante, zierlich vornehme Gebilde hierorts
bekannt. Das Wichtigste aus jener Epoche ist wohl die Gründung des einst glanzvollen,
vollkommen im italienischen Stil gehaltenen kaiserlichen Lustschlosses Fasaugarten bei Wien,
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien, Band 1
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien
- Band
- 1
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.13 x 22.72 cm
- Seiten
- 348
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch
Inhaltsverzeichnis
- Landschaftliche Lage Wiens 3
- Zur Geschichte Wiens 5
- Wiens architektonische Entwicklung 51
- Wiener Volksleben 91
- Die Musik in Wien 123
- Die deutsche Literatur in Wien und Niederösterreich 139
- Das Wiener Schauspiel 169
- Malerei und Plastik in Wien 205
- Wiener Kunstindustrie 263
- Voltswirthschaftliches Leben in Wien 277