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des Jesuitenordens, Die deutsche Renaissance war hauptsächlich znr Kuustform des
Protestantismus geworden, in dessen Dienst sie sich indeß aus Mangel an großen,
monumentalen Aufgaben theils in der Nüchternheit des Profanwesens verflachte, theils
im Kleingewerbe zersplitterte. Die katholische Gegenreformation leitete mit voller Kenntniß
des füdlichen Volkscharatters den Strom italienischer Kuust nnd Cultur ins Land und fand
bei dem lcichterregteu, warmen und phantasievollen Wesen des Stammes das lebhafteste
Entgegenkommen. Was sie brachte, war jener glanzreiche üppige Stil von imponirender
Masfenwirkung, blendender Farbenpracht und schwungvoller Decoration, welcher dlu-occo
genannt wird; er sollte für Österreich und Wien derjenige werden, der sich dem Stammes-
Wesen dieser Gegenden Zum ersten Male als vollkommen passendes Gefäß darzubieten
bestimmt war.
Unter den Ferdinanden gewann das nene Kunstelemeut indessen noch nicht das volle
Gepräge der eigentlichen Prachtfüllc des Barockstils. Die Epoche war theils eine von den
Stürmen unaufhörlicher Kriege beunruhigte, theils äußerte sich die Anfangszeit der Gegen-
reformation noch vielfach in ascetischen Bestrebungen, welche die Entfaltung der Knuste
nicht vollends begünstigen konnten. In stilistischer Hinsicht vollzog sich erst der Übergang
von der strengeren, zn Ende dieser Phase sogar ziemlich nüchternen Hochrenaissance in das
beginnende Barocco, wie es selbst die ersten Iesuitenbanten betnnden. In der Malerei
stehen einige Künstler an der Spitze, wie Bachmann, Bentl, Tobias Bock (Hochaltarbild
von St. Stefan), wie die Fremden Sandrart, Cagnacci, Turriani, Tencala, Wolf, Rem
und Andere, deren Werke vielmehr den Samen der Barocke erst in das heimische Kunst-
leben herbeibringen, als daß sie schon eigentliche Producte des österreichischen Barockstils
zu nennen sind. Es waren Repräsentanten der Malweise Guido Renis, Cortonas einerseits
oder des Rubens und anderer Flamländer anderseits; aus dem, was sie schufeu, sollte
sich erst iu der nächsten Zeit, durch Verschmelzung mit dem localen Wesen, die
charakteristische Kunstwcise Wiens in der Periode Leopolds I. und Karls VI. bilden, welche
deren höchste Blütenepoche gewesen ist. Weniger ansehnlich entwickelte sich im XVII. Jahr-
hundert hierorts die Plastik, deren Thätigkeit über die Herstellnng von Epitaphien und
Heiligcnstatuen für Kirchen sich wenig erhob. Im Zusammenhange mit der Architektur
hatte sie indeß in der Stuccoarbeit sich ein Feld gewonnen, auf dein sie Außerordentliches
an Pracht und technischer Oeschicklichteit leistete, wobei vor Allem die Mitglieder der aus
Como stammenden Künstlerfamilic Cartone hochzuschätzen sind.
Der Barockstil hatte sich nach der Türtenbelagerung glänzend entfaltet. Die zahl-
losen künstlerischen Kräfte, welche seine Werke ausführten, besaßen noch die alte Viel-
seitigkeit, welche ihre Vorfahren im Rcnaissancezeitalter ansgezcichnet hatte; die meisten
von ihnen beherrschten sämmtliche oder doch mehrere Zweige der Künste gleichzeitig. Die
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien, Band 1
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien
- Band
- 1
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.13 x 22.72 cm
- Seiten
- 348
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch
Inhaltsverzeichnis
- Landschaftliche Lage Wiens 3
- Zur Geschichte Wiens 5
- Wiens architektonische Entwicklung 51
- Wiener Volksleben 91
- Die Musik in Wien 123
- Die deutsche Literatur in Wien und Niederösterreich 139
- Das Wiener Schauspiel 169
- Malerei und Plastik in Wien 205
- Wiener Kunstindustrie 263
- Voltswirthschaftliches Leben in Wien 277