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Österreichs von den Romantikern und Neudeutfcheu abgezogen nnd den heimischen Stoff-
kreisen zugeführt wurde. Anfangs blickte man aus jenen Sphären vertrauensvoll auf die
alte Residenz der Kaiser, mit ihrem reichen knnftliebenden Adel, den stulzen Palästen und
herrlichen Galerien. Der juuge Cornelius dachte sich Wieu als den rechten Ort, um
dem erwünschten Ziele näher zu kommen, das Ludwig von Baiern später verwirklichen
sollte. Der ältere Schnorr, der 1803 in Wien weilte, war ein Bewunderer Fügers und
Zauners, in dessen Werkstatt damals das bronzene Reiterdentinal Josefs II. im Gnß
vollendet stand. Allein bald spüren wir den Gegensatz der Stimmung uud Richtung zwischen
Wien uud den Führern der neudeutschen Kunst heraus, Eberhard Wächter klagt über den
Mangel an Schwung und Idealität in der hiesigen Bevölkerung. Was die Overbeck und
Pforr, die Sutter, Vogel, Echeffer von Leouhardshoff anstrebten, fand weder ein Echo im
Wiener Publicum, noch Verständniß bei den strengen Akademikern der Wiener Kunstschule.
Der Exodus nach Rom, die Auswanderungen Schwinds und Steinles nach München und
Frankfurt waren die Folgen diefer Gegensätze, und erst nahezu ein halbes Jahrhundert
spater ist es Führich nnd Rahl vergönnt gewesen, den damals abgerissenen Faden wieder
anzuknüpfen und im neue» Wien auch der großen Malerei moumnentalcn Stils eine
Stätte zu bereiten.
Man kann die Wiener Genre- und Landschaftsmaler der älteren Generation stofflich
zunächst uach Stadt und Land in eine bürgerliche und bäuerliche Gruppe scheiden.
Dllnhauser, Fendi, Taffinger uud Nanftl gehören zu der ersteren, Waldmüller und
Gauermann siud die Koryphäen der letzteren. Sie waren sämmtlich Kinder des Voltes,
dessen Wesen sie so tief innerlich erfaßt haben und so meisterhaft zn fchildern wußten.
Danhaufcr war der Sohn eines Tischlers, Ranftls Vater war Wirth, die Wiege
Friedrich Gauermanns, dcsseu Vater, Jakob, ebenfalls ein trefflicher Künstler war, stand
bei Miesenbach inmitten eines der schönen Thäler Niederösterreichs, unweit vou Gntenstein,
dessen Waldesdnukel und Wiesengrün uns auf zahlreichen seiner Bilder entzückt. Die
vornehmste Erscheinung von allen war der leider in der Blüte der Jahre dahingeraffte
Josef Tanhauscr (1805 bis 1845). Er zeichnet die gesellschaftlichen Zustände feiner
Zeit, das Wiener Leben der Dreißiger- und Vierziger-Jahre mit dem scharfen Blick des
Menschenkenners, mit der sprechenden Lebendigkeit des Lustspieldichters. Man hat ihn
mit Bauernfeld verglichen, dessen weltmännische Feinheit und Ironie er theilt. Das
gutherzige, leichtlebige, wie das blafirte Wie« der damaligen Zeit tritt uns aus seiuer
„Klostersuppe", seinem „Augenarzt", der „Testamentseröffnnng", dem „Prasser" und
den übrigen zart durchgeistigten, durch weichen Schmelz und blühende Kraft der Farbe
ansprechenden Schöpfungen feines Pinfels leibhaftig vor die Augeu. — Neben Danhauser
glänzt in der Plejade der ihm geistesverwandten Wiener Genrenialer iener Tage vornehmlich
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien, Band 1
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien
- Band
- 1
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.13 x 22.72 cm
- Seiten
- 348
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch
Inhaltsverzeichnis
- Landschaftliche Lage Wiens 3
- Zur Geschichte Wiens 5
- Wiens architektonische Entwicklung 51
- Wiener Volksleben 91
- Die Musik in Wien 123
- Die deutsche Literatur in Wien und Niederösterreich 139
- Das Wiener Schauspiel 169
- Malerei und Plastik in Wien 205
- Wiener Kunstindustrie 263
- Voltswirthschaftliches Leben in Wien 277