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Friedrich Gaucrmann (1807 bis 1862) für das Thierstück. Er überragt alle übrigen
österreichischen Thier- und Landschaftsmaler seiner Zeit, einen Nauch, Johann und
Alexander Dallinger, Iofef Höger, Steinfeld, Thomas Ender und Andere. Obwohl der
Sohn eines Landschaftsmalers und von diesem früh in die Kunst eingeführt, muß er doch
vorzugsweise als Autodidakt betrachtet werden. Die alten Meister, ein Wonverman und
Potter namentlich, die er bewnndernswcrth nachbildete, und die heimische Natur waren
seine niemals ausstudirten Lehrmeister. Die Waldthäler Niederösterreichs, die steirischen
Alpen, das Salzkammcrgut bilden die hauptsächliche Domäne seiner Kunst; vor Allem
zu Hause zeigt er sich in den Bergen und unter den Bewohnern feiner engeren Heimat,
im Viertel nnter dem Wicnerwald, dessen liebliche Schönheit er in Hunderten von
Gemälden nnd Studien geschildert hat. Gauermanns H au ptu erdienst liegt in der innigen
Verschmelzung von Landschaft nnd Thierwelt. Letztere kennt er in allen ihren Specialitäten:
die gehetzte Gemse, der gewaltige Bär, der listig dahinschleichende Fuchs, das scheue Reh,
die still vor sich hin brütenden Kühe und unter den Vögeln vornehmlich der Adler ^ alle
sind sie in Charakter und Bewegung mit gleicher Schärfe beobachtet und init der Natur in
bald idyllischen, bald leidenschaftlich, bewegten, dramatischen Bezug geseht. Gancrmanns
Landschaften leiden bisweilen an einem conventionellen, ins Bläuliche und Schwere
fallenden Ton und sind nicht selten in der Behandlung von übertriebener Glätte. Wahrhaft
bewundernswerth bleibt er dagegen in seinen Studien, sowohl den gemalten als anch den
vielfach zart in Röthel ausgeführten Zeichnungen, die sich dem Besten, was die alten
Holländer in demselben Fache geleistet, an die Seite stellen lassen. Manche dieser Blätter
hat der Meister selbst geistvoll in Kupfer radirt.
Der vervielfältigenden Künste, welche wir damit streifen, kann hier nicht eingehend
gedacht werden. Eine dahin gehörige Individualität aus dem älteren Wien verdient jedoch
ihrer ausgesprochenen Localfarbe wegen ganz besondere Beachtung: es ist Iofef
Kriehuber (1801 bis 1876), der unvergleichliche Porträtzeichner und Lithograph, in
defsen Tausenden von weitverbreiteten Einzclbildnissen und Porträtgruppen das ganze
vormärzliche Osterreich vor uns erscheint. Gleich den Münchener Koryphäen des Faches,
einem Hanfstaengl und Anderen, ist auch Kriehuber von der Reproduction alter Meister
ausgegangen: feine „Madonna im Grünen", feine „Kreuzabnahme", feine Blätter
nach Bonifazio und Moretto zahlen zu den besten Nachbildungen von Gemälden der
kaiserlichen Galeric. Doch erst im lithographischen Porträt fand er das ihm ganz
homogene Feld der Thätigkeit, auf dem seine weiche, schmiegsame, fein angelegte Natur
ihren vollen Zauber ausüben konnte. Seine Productivität grenzt an das Unglaubliche,
man zählt mehrere Tausend Porträtlithographien von Kriehnbers Hand, an denen er
freilich später oft das Beiwerk Schülern überlassen mußte, während er die scharf und
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien, Band 1
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien
- Band
- 1
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.13 x 22.72 cm
- Seiten
- 348
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch
Inhaltsverzeichnis
- Landschaftliche Lage Wiens 3
- Zur Geschichte Wiens 5
- Wiens architektonische Entwicklung 51
- Wiener Volksleben 91
- Die Musik in Wien 123
- Die deutsche Literatur in Wien und Niederösterreich 139
- Das Wiener Schauspiel 169
- Malerei und Plastik in Wien 205
- Wiener Kunstindustrie 263
- Voltswirthschaftliches Leben in Wien 277