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im Palais D. Outmaini, Brünner Theatervorhang und dergleichen mehr) erfolgreich
geübt wird. Zu den geschicktesten Vertretern der decorativeu Malerei überhaupt gehören
die aus Professor Bergers Schule hervorgcgangenen Urheber der malerischen Aus-
schmückung des neuen Stadttheaters in Karlsbad: Franz Matsch und die Gebrüder Gustav
und Ernst Klimt.
Ins Zierliche und Feine verzweigen sich diese Kunstarten theils in den Werken der
Stillleben- und Blumenmaler (Max Schödl, Hugo Charlemont, Camilla Friedländer,
Ios. Schuster, Frau Pönninger, Frau Wiesinger'Florian und Andere), theils finden sie
ihre Anwendung im Kunstgewerbe und in der Buch Illustration, Die letztere hat namentlich
durch das Eingreifen der künstlerischen Kräfte des österreichischen Museums uud seiner
Kunstgewcrbeschule einen rühmlichen Aufschwung genommen. Wie der nach Stöbers Zeit
länger vernachlässigte Kupferstich durch das Wirkcu L. Iakobys und I. Sonnenleiters
neue Kräfte gewonnen hat, so besitzt Wien in W. Unger und W. Hecht zwei hervorragende
Meister nnd Lehrer der Radirung und des Holzschnitts. Zahlreiche jüngere Talente, wie
Johann Klaus, Hans Ludwig Fischer, W. Woernle, Victor Iasper, Karl von Siegl und
Andere arbeiten mit ihnen gemeinsam an der Ausführung der Aufgaben, welche die
Fürsorge des Hofes und des Staates, der Kunstverlag und das rührige Vereinswesen den
vervielfältigenden Künsten in unseren Tagen stellen. Ein besonderer Platz gebührt dem
als Zeichner wie als Radirer gleich trefflichen Julius Marak.
Auch der Wiener Plastik ist dieser allgemeine Fortschritt zugute gekommen. Aber
ihr am spatesten. Geschickte Hände, tüchtig geschulte Bildhauer hat es in Wien selbst in
der sterilsten Epoche seines neueren Kunstlebens imnier gegeben. Allein es fehlte lange
am belebenden Geist, au der zielbewußten Pflege. Das untere Stockwerk des Belvedcre
birgt die namhaftesten Marmorwcrke, die von Zauners und Canovas Nachfolgern in der
vonnärzlichen Zeit geschaffen worden, darunter auch Franz Bauers „Pietä", das beste
Werk dieses wackeren Meisters, der bis in die zweite Hälfte des Jahrhunderts die classischen
Traditionen in der Wiener Bildhauerschule wach erhielt. Für die monumentale Bronze-
plastik zeugt das im Jahre 1846 enthüllte Denkmal des Kaisers Franz auf dem inneren
Burgplatz, das Werk des Mailänders Poinpeo Marchcsi. Eine trockene, kühle Atmosphäre
liegt über diesen Schöpfungen einer begeisterungsloscn, gegen die idealen Mächte des
Lebens gleich giltigen Zeit. Was der Wiener Sculptur jener Tage ihren Stempel auf-
gedrückt hat, war nicht nur die Kärglichfeit in allen Unternehmungen, der Mangel an ^
Aufträgen, sondern jenes bureaukratische Bevormundungssnstein, dessen tödtlicher Hauch ,
alle Äußerungen des öffentlichen Geistes vernichtete. Die Sculptur aber verlangt vor allen
anderen Künsten das Wehen eines freien Geistes. Sie ist die Tochter desselben Landes,
das auch die Ideen der Freiheit und der Menschlichkeit geboren hat. Ihr höchstes Bemühen
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien, Band 1
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien
- Band
- 1
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.13 x 22.72 cm
- Seiten
- 348
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch
Inhaltsverzeichnis
- Landschaftliche Lage Wiens 3
- Zur Geschichte Wiens 5
- Wiens architektonische Entwicklung 51
- Wiener Volksleben 91
- Die Musik in Wien 123
- Die deutsche Literatur in Wien und Niederösterreich 139
- Das Wiener Schauspiel 169
- Malerei und Plastik in Wien 205
- Wiener Kunstindustrie 263
- Voltswirthschaftliches Leben in Wien 277