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lebloser Oberstäche sind mir traurisse Surrogate für den König der Steine. Holz, Elfenbein
und ähnliche Materialien bleiben auf bestimmte Sphären eingeengt. Erst nach energischem
Ringen ist es möglich geworden, dem edlen Marmor auch in der Wiener Sculptur den
ihm gebührenden Platz anzuweisen. Der ornamentale und figürliche Schmuck der Wiener
Neubauten wurde vielfach in gewöhnlichem Stein oder in Tcrracotta hergestellt. Die
technische Vollendung der Terracottafabrication in den Thonbrennereien des Wienerberges
bot den Anlaß dazu, sogar an monumentalen Bauten von hoher künstlerischer Schönheit,
wie dem Musikoereinsgebäude, der Akademie der bildenden Künste, dem Heinrichshof und
anderen, den plastischen und selbst statuarischen Schmuck in gebranntem Thon auszuführen.
Die jüngste Zeit hat endlich diesem Surrogatwesen ein Ende gemacht. Nicht nur in Denk-
malen und Grabsculpturen, sondern auch in ausgedehnte» plastischen Decorationswerken
an öffentlichen Alluten, vornehmlich am Reichsrathsgebäude und an der Universität, fand
die Marmorsculptur weiten Spielraum zu erfreulicher Thätigkeit. Daß dieser Gebrauch
aufrecht erhalten bleibe, bildet ciue Lebensfrage der Wiener Bildhauerei. Nur wenn es
möglich sein wird, ihr stets eine solche Fülle wahrhaft kiinstlerifcher Aufgaben zuzuführen,
wie sie der bildnerische Schmuck der genannten Bauten, die Plastische Ausstattung der
Votiutirche, der Ruhmeshalle des Arsenals, der Hofmnfeen, des Nathhauses, des neuen
Burgtheaters mit sich brachten, kann die monumentale Plastik Wiens auf der heute von
ihr erstiegenen Höhe sich dauernd behaupten.
Als geistiges Ferment am Wendepunkte der neuen Zeit beansprucht Hans Gasser
(1817 bis 1868), der Sohn der kärntnerischen Berge, hier einen besonderen Platz. Er
wirkte zwar nur vorübergehend an der Wiener Akademie (1850 bis 1851), hat aber durch
seine frische, fein empfundene Natnrauffasfnng einen bedeutenden Einfluß auf die jüngeren
Talente ausgeübt und sich an der Entwicklung der statuarifchen Kunst in Wien durch eine
Reihe tüchtiger Werke belheiligt^Tunauweibcheu im Ttadtpark, Sonnenfels-Statue auf der
Elifabethbrücke, eine der wenigen nicht fchablouenhaften Gestalten diefer sonst recht frag-
würdigen Statuenreihe, treffliche Modellfigur des Faustkämpfers im plastifchen Mufeum der
Akademie, Porträtbüsteu vonRahl. Marko, Jenny Lind, des Künstlers selbst und andere).
Den segensreichsten Einfluß als Lehrer übte der oben bereits genannte Franz
Bauer aus. Drei Altersclasse« vou Bildhauern find aus feiner Schule hervorgegangen,
welchen die tüchtigsten Kräfte der jetzigen Generation angehören: Künstler der mannig-
faltigsten Richtung und Individualität, deren freie Entwicklung auf der gemeinsamen
classischen Grundlage sie alle ihrem Meister verdanken. Mehrere von ihnen fanden ihre
weitere Ausbildung in Dresden bei Ernst Hähnel, der auch iu eigenen großen Schöpfungen
(Schwarzenberg-Denkmal, Pegasusgruppen und Statuen der Loggia des Overntheaters) an
der plastischen Bereicherung Wiens mitgewirkt hat.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien, Band 1
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien
- Band
- 1
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.13 x 22.72 cm
- Seiten
- 348
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch
Inhaltsverzeichnis
- Landschaftliche Lage Wiens 3
- Zur Geschichte Wiens 5
- Wiens architektonische Entwicklung 51
- Wiener Volksleben 91
- Die Musik in Wien 123
- Die deutsche Literatur in Wien und Niederösterreich 139
- Das Wiener Schauspiel 169
- Malerei und Plastik in Wien 205
- Wiener Kunstindustrie 263
- Voltswirthschaftliches Leben in Wien 277