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Weltausstellung zu dem gleichen Zwecke wurde die staatliche Maßregel durch den Kaiser
auf das wirkungsvollste unterstützt, und es ist zu hoffen, daß die auf diese Weise geschaffenen
großen Bildhauerateliers, in denen die ausgedehnten decorativen Sculpturen für die
Wiener Monumentalbauten entstanden, der Kunst dauernd erhalten bleiben.
In Kaspar Zumbnsch gewann die Wiener Smlptur eine bewährte Kraft für die
Löstiug der ihrer noch harrenden Aufgaben größten Stils. Der Schöpfer des Münchener
Maximilian-Denkmals hat das bis dahin ungelöste Problem bewältigt, die unermessenen
Tiefen Neethoven'fcher Musik, das Wesen des gewaltigsten und räthselvollsten Genius
deutfcher Kunst plastisch zu verkörpern. Es muß dabei im Gedächtniß erhalten bleiben,
daß das Wiener Beethoven-Denkmal, wie die Denkmäler Schuberts, Schillers und
Grillparzers, aus allgemeinen Sammlungen hervorgegangen sind uud außer den großen
für die Pflege der Mufik besteheuden Corvorationen, Vereinen u. f. w. (wie der Gesellschaft
der Musikfreunde, dein Mänuergesaugverein uud anderen) deu zahlreiche» begeisterten uud
opferfreudigen Kunstfreunden Wiens aller Stände, von den Mitgliedern des Allerhöchsten
Kaiserhauses herab bis zum schlichten Bürger uud Studenten, ihre Entstehung verdaute».
Das gewaltigste plastische Denkmal des modernen Wien blieb der jüngsten Zeit vorbehalten:
das auf dem Platze zwischen den beiden Hofmnseen sich erhebende Monument der Kaiferin
Maria Theresia.
Zulubusch hatte hier eine ähnliche Aufgabe zu lösen, wie sie Christian Ranch in
dem Berliner Friedrichs-Dentmal gestellt war. Das Werk soll mehr sein als eine
Verherrlichung der allverehrteu Herrscherin, es soll die ganze Zeit ihrer segensreichen
Regierung, in welcher die Grundlagen des modernen österreichischen Staatswesens
gelegt wurden, deu nachfolgenden Geschlechtern lebendig erhalten. Die Gestalt der
Kaiferin, welche unser Holzschnitt zeigt, thront hoch auf doppelt abgestuftem Unterbau,
aus dem die Reitergestalleu der Heerführer, die Gruppeu der Staatsmänner, die Mänuer
der Legislative uud Verwaltung, der Kunst und Wissenschaft jener Epoche als die
Repräsentanten der vielgliedrigen Volkstraft lebensvoll hervortreten.
Auch außerhalb des geschlossenen Zusammenhanges der Schule besitzt Wien eine
Reihe trefflicher Bildhauer, deren ausgesprochene Eigenthümlichkeit von uns gewürdigt zu
werden verdient. In erster Linie steht der kernige Vincenz Pi lz, der Freuud und Geistes-
verwandte Rahls, der Schöpfer der herrlich bewegten Quadrigen auf den Krönungs-
ftfeileru des ReichsrathZgebäudes, von denen unsere Abbildung ein Beispiel gibt. Auf
den Bahnen der Spätrenaissauce bewegt sich der hochbegabte Theodor Friedl, dessen
Heliosgruppe auf dem Palais des Markgrafen Pallavicini zu den wirkungsvollsten
decorativen Werken der Gegenwart zählt. -^ Streng kirchlich ist die Richtung des
trefflichen Josef Gasser, des Urhebers unzähliger Heiligengestallen und schön componirter
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien, Band 1
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien
- Band
- 1
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.13 x 22.72 cm
- Seiten
- 348
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch
Inhaltsverzeichnis
- Landschaftliche Lage Wiens 3
- Zur Geschichte Wiens 5
- Wiens architektonische Entwicklung 51
- Wiener Volksleben 91
- Die Musik in Wien 123
- Die deutsche Literatur in Wien und Niederösterreich 139
- Das Wiener Schauspiel 169
- Malerei und Plastik in Wien 205
- Wiener Kunstindustrie 263
- Voltswirthschaftliches Leben in Wien 277