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und Schmuck klar z» machen, ihn auf den Werth der äußeren Erscheinung des Prodnctes
hinzuweisen und schließlich diese selbst als eine Hauptaufgabe für den Erzenger in den
Vordergrund zu schieben.
Die Wiener Nauperiode, welche mit dein grüßen Werke der Stadterweiternng
ihren Anfang nahm, entfesselte eiue große Zahl von bis dahin schlummernden ki'mstlcrifchen
Kräften. Die Architektur mit ihren beiden dienstbaren Schwestern, der Bildhauerei nnd
Malerei, trat auf ein neueröffnetes großes Arbeitsfeld und der Gewerbestaud, von ihr in
grüßen, mannigfaltigen und rafch zu lösenden Aufgaben gegenüber. Die Architekten selbst
bildeten eine freie Genossenschaft uou Lehrern, von denen jeder fiir sich nnd doch in
Gemeinschaft mit den anderen die begabten Gewerbetreibenden anfsuchte. anwies nnd
unterwies, wie sie den verallgemeinerten Bedürfnissen des Schönheitssinnes Rechnung zn
tragen hätten. Das österreichische Museum für Kunst und Industrie trat als officieller
Lehrmeister an die Seite der privaten Agitation, bekämpfte mit dieser gemeinschaftlich das
Banale und Geschmacklose in den Wiener Werkstätten uud förderte den Umschwung.
Da die Bauweise, wie sie sich in Wien entwickelte, ans starken und feuersicheren
Coustructioneu beruht, kräftige Dimensionen im Äußeren nnd Inneren der Gebäude als
Grundprincip annahm, verhältnißmäßig hohe, weite und lichte Wohnränme uon den
Besitzern nnd Miethern der Hänfer verlangt werden, so wnrde auch eonscquent die ganze
innere Ausstattung der Wohnungen ansehnlich gestaltet. Der Mübelban verließ
plötzlich die bisherige Praxis; das fournirte und polirtc Möbel verlor feinen Anreiz nnd
wurde unr noch für die weniger bemittelten Classen und den Export angefertigt. In einem
Wiener Vororte (Währing) wnrde von einem einheimischen Meister zuerst das massive
Eichenmöbel im Stile der deutschen Renaissance gebant uud fand große Anerkennung
nnd Verbreitung. In außerordentlich kurzer Zeit hatte die Möbelerzengung einen
vollständigen Umschwung erfahren; die hnchglänzende Politur wurde anfgegeben, Eiche nnd
Nnß als massives Holz in Anwendung gebracht; Bildhauerei, Drechslerei und Intarsia-
Arbeit wurden zur Ausstattung der Möbel herangezogen. Gleichzeitig trat die Holz-
bearbeitungs-Maschiue in die Wiener Möbelbau-Werkstätte ein. Der Tapezirer, gleichfalls
durch die plötzlich auf ihn einstürmenden Aufträge mächtig angeregt, fetzte sich mit dem
Möbeltischler in intensiven Verkehr, um gemeinschaftlich mit ihm unter der Führung der
Architekten vorzugehen. Die Parquetteuerzengnng, feit Decennien in Wien vorzüglich
betrieben, behauptete ihren alten Ruf. Es entstanden in bescheidenen Wiener Werkstätten
auch ganz nene technische Verfahren für die Herstellung von Möbeln als Massenartikel
und in erster Linie die Erzeugung von Möbeln aus gebogenem Rothbuchenholze. Da
diefes Verfahren die Grundlage einer Massenfabricatiou allergrößter Ausdehnung zu
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien, Band 1
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien
- Band
- 1
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.13 x 22.72 cm
- Seiten
- 348
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch
Inhaltsverzeichnis
- Landschaftliche Lage Wiens 3
- Zur Geschichte Wiens 5
- Wiens architektonische Entwicklung 51
- Wiener Volksleben 91
- Die Musik in Wien 123
- Die deutsche Literatur in Wien und Niederösterreich 139
- Das Wiener Schauspiel 169
- Malerei und Plastik in Wien 205
- Wiener Kunstindustrie 263
- Voltswirthschaftliches Leben in Wien 277