Seite - 308 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien, Band 1

308 Wir haben bisher vielfach Kunstgcwerbe erwähnt uud es sei deßhalb gestattet, hier noch an die graphischen dünste zu erinnern, deren technische Seite ja einen Hanptfactor fi'ir das Gesammtergebniß des Betriebes bildet. Gerade in technischer Hinsicht aber sind die Reproductionsverfahren, deren man sich in Wien bedient, zu hoher Vollkommenheit ausgebildet. Die Zinkographie und Heliotypie werden von einer Reihe tüchtiger Firmen ausgeübt. DieHerstellnng drnckfähiger Cliches direct nach Naturaufnahmen oder Zeichnungen mit Halbtönen hat durch eine Wiener Firma in der neuesten Zeit wesentliche Verbesserungen erfahren. Auch der Lichtdruck, welcher durch die verhältnihmäßig leichtere und billigere Herstellung von Illustrationen wissenschaftlicher Werke, Preisblättern, Katalogen n. s, w. immer häufiger zur Anwendung kommt, macht stete Fortschritte, Der Lichtdruck-Farbendruck findet bereits hier seine Pflege und die Heliogravüre gelangte im k. k, militär-geographischen Institute zu hervorragenden Leistungen. So haben sich die Descendenten der Photographie, welche schon in ihren ersten Anfängen in Wien eine besondere Pflegestättc fand uud die wichtigsten Beiträge zu ihrer Ausbildung erhielt, hier eingebürgert und wetteifern mit den älteren Reprodnetionsverfahren, der Xylographie, Lithographie, dem Farbendruck, der Porzellan- und Emailmalerei u. s. w., welche insgesammt durch verdiente Meister repräsentirt erscheinen. Überblickt man sämmtliche Gewerbe, welche vom BauConstructionswesen ausgehend alle Probleme lösen, die sich an die Ausstattung der Wohnränme knüpfen, bis zum raffinirlesten Schmuck derselben, sv darf man behaupten, daß nur wenige Städte Europas Wien in dieser Richtung erreichen oder überragen. Der Comfort, den der Städtebewohner fordert, als Bewohner im engeren Sinne des Wortes, wird in jeder Hinficht geboten. Nicht minder günstig stellt sich das Urtheil in Beziehung auf jene Bedürfnisse, die unter dem Gesammtbegriff Bekleidung verstanden werden. Nebst den Herrenkteidern werden Herren- und Frauenhnte, Kunstblumen, Schmuckfederu nnd endlich Schuhwaaren aller Art in vorzüglicher Qualität und in bedeutenden Mengen für den hiesigen Üonsum und für den Absatz in alleu Ländern der Erde geliefert. Die Posamentierwaaren aus echtem und unechtem Gold und Silber, Seiden- und Schafwollgespinnst für Uniformen, Damenputz, Wagen- und Möbelausstattnng werden gleichfalls in Quantitäten, die den inländifchen Bedarf überwiegen, und in guter Qualität erzeugt. Die jeweilig vorherrfchende Geschmacksrichtung ist auch heule noch durchaus nicht unabhängig von dem Einflüsse der Pariser Mode, doch haben gerade Techniken, die in Wien auftauchteu oder wiederbelebt wurden, die Wiener Mode in vortheilhafter Weife beeinflußt, so daß diese häufig mehr oder minder selbständig auftritt. Resiimirm wir nun die Eindrücke eines Rundganges durch die Wiener Werkstätten und Gewerbebetriebe, so können wir uns der Überzeugung nicht verschließen, daß das