Seite - 312 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien, Band 1
Bild der Seite - 312 -
Text der Seite - 312 -
312
erscheinen industriell schon minder ausgeprägt, doch wäre in der Iosefstadt die Fabrication
von Bronzewaaren zu nennen, ans dem Alfergrund die Wagenfabrication, und auch die
Vuchdruckereien drängen sich hier zusammen. In» X. Bezirk, Favoriten, ist wieder der
Maschinenbau sehr bedeutend. Von den Vororten ist Gaudenzdorf durch seine Weißgärberei
längs der Wien ausgezeichnet, Sechshaus durch seine Stofslveberei, Ottakring, Neu-
Lerchenfeld und Hernals durch Drechslerei, Simmering durch chemische Industrie,
Waggonbau, Maschine»- uud Metallwaarenfabrication. Selbstverständlich beherbergen die
Stadtbezirke und Vororte noch viele andere Industriezweige, die aber in diesem Zusammen-
hange als minder bezeichnend nicht erwähnt werden mußten. Wie kommt es nun, daß uon
den uieleu Fabriken eigentlich wenig zu merken ist? Mau sieht wohl einem Bezirke leicht
seine Industrie an, besonders wenn man die breiten, aus der Stadt hinausführenden
Hauptstraßen mit ihren überall gleichen Läden und Schaufenstern verläßt und die Ncben-
und Seitengassen aufsucht, aber mau würde kaum vermuthen, daß die Zahl der grotz-
industriellen Arbeitsstätten manches Bezirkes in die Hundert geht. Und doch ist dem so,
nur daß die weitaus größere Mehrheit der Fabrikgebäude i« Wien und den Vororten
nicht immer in der äußeren Erscheinung jene bezeichnenden Merkmale an sich trägt, die
man landläufig mit dem Begriffe Fabrik verbindet. Weder die Lage im Allgemeinen, noch
die Bauart oder hochaufragende Schornsteine lassen auf den ersten Blick uon außen
erkennen, daß das Gebäude zum Betriebe einer industriellen Unternehmung dient: es
fträseutirt sich vielmehr als normales Wohngebäude, durch nichts von den angrenzenden
Häusern verschieden. In der Regel wird auch die Gassenscite des Gebäudes zu Wohnungen
verwendet, mährend die eigentliche Fabrik im Hofe untergebracht ist und sich leicht dem
Blick entzieht. Entfernt man sich mehr vom Centruin der Stadt, fo findet man die
Fabrikgebäude schon weit öfter unverhüllt dastehen, bis an der Peripherie der Stadt und
in manchen Vororten, wo der Grund und Boden wohlfeiler ist, die freie Lage wenigstens
der größten Fabriken die Regel bildet.
In diesen versteckt oder offen gelegenen Citadellen der Großindustrie hat die
Anwendung mechanischer Triebkräfte und Arbeitsmaschinen einen hohen Grad erreicht,
wenngleich in vielen Zweigen die Manufattur noch vorherrscht. In i Jahre 1880
standen in Wien und Umgebung im Dienste der Großindustrie 493 Kraftmaschinen mit
6.283 Pferdcträften, darunter 409 Dampfmoloren mit 5,870 Pferdeträftcn; die Menge
und Mannigfaltigkeit der sinnreichsten Arbeitsmafchinen, die uon ihnen oder auch durch
Menschenhand bewegt wurden, läßt sich kaun» mehr übersehen.
Der Werth der Gesainmtproduclion in Wien und den Vororten belief sich auf die
erhebliche Summe vou 175 Millionen Gulden, während vergleichsweise die entsprechende
Productiouszifjcr für ganz Galizien nur 47 Millionen, für Steiermart, Närnten nud Krain
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien, Band 1
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien
- Band
- 1
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.13 x 22.72 cm
- Seiten
- 348
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch
Inhaltsverzeichnis
- Landschaftliche Lage Wiens 3
- Zur Geschichte Wiens 5
- Wiens architektonische Entwicklung 51
- Wiener Volksleben 91
- Die Musik in Wien 123
- Die deutsche Literatur in Wien und Niederösterreich 139
- Das Wiener Schauspiel 169
- Malerei und Plastik in Wien 205
- Wiener Kunstindustrie 263
- Voltswirthschaftliches Leben in Wien 277