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ini Jahre 1885 bedeckten die Linien der Wiener Tramway-Gescllschaft allein 55 Kilometer
Strecken mit 108 Kilometer Geleise, beförderten jährlich ungefähr 3V Millionen Personen
und bedurften dazu gegen 600 Waggons mit mehr als 2,000 Pferden. Dazu ist eine
zweite, die „Neue Wiener Tramway Gesellschaft" gekommen, deren Netz sich in den
Vororten rasch ausbreitet und ebenfalls über 3 Millionen Menschen befördert. Endlich
dienen dem weiter reichenden Externverkehr schon mehrere Tampftramway-Limen, die
allerdings erst im Beginne der Entwicklung stehen, eine Zahnradbahn anf den Kahlenberg
und eine Anzahl kleinerer Tecundärbahnen, welche als Abzweigungen der Hauptbahnen
in die ferner gelegenen Sommerfrischen (Kaltenlentgeben, Brühl u. s. w.) führen. Und trotz
alledem ist die Anzahl der Fiaker fast unverändert auf der früheren Höhe geblieben, jene
der Einspänner hat sich mehr als verdoppelt (1.220) und nur ein Theil der Slellwagen
mußte den Anforderungen des Zeitgeistes allmälig weichen.
Wie im Personenverkehr manifestirt sich das Wachsen der großstädtischen Thätigkeit
im zunehmenden Bedürfnisse nach rascher örtlicher Beförderung von Briefen, Packeten,
Nachrichten jeder Art. Der „Eckensteher Nante" war bis zum Jahre 1862 für Wien eine
mir vom Hörensagen bekannte Erscheinung nnd wurde hier durch den Sänftenträger,
„Tessclträger" und Lohndiener spärlich erseht. Da entstanden die Dienstmanns-Institute
und mit diesen begann ein völliger Umschwung des localen Träger- und Platzdicnerwesens.
Wir könnten uns das Wien von heute, so wenig man auch seine Geschäftigkeit anerkennen
mag. doch gar nicht mehr denken ohne die beiläufig 1.600 concesstonirten „Stadtträger",
„Commissionäre", „Expresse" und „Stadtcouriere", die an allen Straßenecken stets zur
Dienstleistung verfügbar harren. Die Thätigkeit derfelben wird, was die Frachten- und
Packetzustellung betrifft, durch zwei andere, vor kurzem in Wien noch unbekannte Ein-
richtungen ergänzt: einerfeits durch die dem englischen Muster nachgebildete Transport-
gesellschaft, anderseits durch jene vorzügliche Neuerung der Wiener Ttadtpost, welche den
ganzen lomlen Packetdienst zu einer ihrer eigenen Aufgaben gemacht hat.
Ähnlich geht es mit Corresvondenzen nnd Telegrammen. Die großartigen
Verbesserungen auf dem Gebiete des städtischen Briefpostwesens haben nicht wenig dazu
beigetragen, daß der Gedankenanstausch der Bevölkerung innerhalb der letzten zwanzig
Jahre ungefähr auf die dreifache Intensität des früheren Verkehrs gehoben wurde; wer
daran zweifelt, vergleiche die authentischen Berichte der Postdirection und er wird finden,
daß uufere Angabe fowohl durch die Zahlen der gewöhnlichen uud recommandirten Briefe,
als der Waarenprobeu, Correspondenzkarten, Packele, Geld- und Wcrthsendungen bestätigt
ist. Noch augenfälliger ist die Steigerung der geistigen uud geschäftlichen Thätigkeit unferer
Bevölkerung in dem telegraphischen Verkehre !U verfolgen. Bis vor fünfzehn Jahren gab
es überhaupt keinerlei Einrichtung für den internen Nachrichtendienst dieser Art, sondern
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien, Band 1
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien
- Band
- 1
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.13 x 22.72 cm
- Seiten
- 348
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch
Inhaltsverzeichnis
- Landschaftliche Lage Wiens 3
- Zur Geschichte Wiens 5
- Wiens architektonische Entwicklung 51
- Wiener Volksleben 91
- Die Musik in Wien 123
- Die deutsche Literatur in Wien und Niederösterreich 139
- Das Wiener Schauspiel 169
- Malerei und Plastik in Wien 205
- Wiener Kunstindustrie 263
- Voltswirthschaftliches Leben in Wien 277