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Zur Kritik der Weiblichkeit
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ein verhängnisvoller Irrtum der Frauen aus den be- vorzugten Ständen, daß sie glauben, von der Schmach der Preisgegebenen gänzlich frei zu sein. In Wahr- heit bleibt weder ihre soziale Stellung noch ihr per- sönliches Einzelschicksal unberührt davon; und die Nachtseiten der teleologischen Weiblichkeit rächen sich auch an denen, die vermeintlich nur dem Kultus ihrer Lichtseiten geweiht sind. „Das Weib" ist ein Januskopf: das eine Gesicht entstellt von der tiefsten Erniedrigung, mit welcher das Kulturleben ein menschliches Wesen besudeln kann, das andere Gesicht verklärt von der höchsten Würde, mit welcher die menschliche Gattung die Erfüllung ihrer schwersten Aufgabe belohnt. Aber betrachten wir auch dieses Gesicht näher. Das Weib als Mutter genießt die überschwenglichste Verehrung; vor dieser ehrfurchtgebietenden und rüh- renden Gestalt neigen sich alle Mächte des Lebens, um ihr die Krone zu reichen. Wenigstens schallt diese Weise in tausendfachen Variationen aus allen Ecken und Enden jener Welt, die über der realen in den Wolken sentimentaler Gefühle und schöner Gedanken schwebt. In der realen Welt ist das Weib als Mutter etwas weniger gut daran. Nicht etwa bloß die uneheliche Mutterschaft— und man braucht nur dieses traurige, entwürdigte Bild heraufzubeschwören, um die ganze hohle Phrasenhaftigkeit der üblichen Mutterschaftsverherrlichungzu enthüllen— die Mutter- schaft an sich, auch die mit allen sozialen Ehren ausgezeichnete, wird teuer erkauft. Der Preis, der dafür bezahlt wird, ist die geistige Freiheit und Eben- bürtigkeit; und je weiter das Leben zu höheren For- men fortschreitet, desto weiter muß auch das weib- liche Geschlecht um der Mutterschaft willen hinter dem männlichen zurückbleiben. 57
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Zur Kritik der Weiblichkeit
Titel
Zur Kritik der Weiblichkeit
Autor
Rosa Mayreder
Verlag
Eugen Diederichs Verlag
Ort
Jena
Datum
1922
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
10.5 x 16.5 cm
Seiten
316
Schlagwörter
Feminismus, Soziologie, Machtverhältnisse, Geschlechterkampf, Frauen
Kategorie
Geisteswissenschaften

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 1
  2. Grundzüge 7
  3. Mutterschaft und Kultur 48
  4. Die Tyrannei der Norm 85
  5. Von der Männlichkeit 102
  6. Das Weib als Dame 139
  7. Frauen und Frauentypen 157
  8. Familienliteratur 187
  9. Der Kanon der schönen Weiblichkeit 199
  10. Einiges über die starke Faust 210
  11. Das subjektive Geschlechtsidol 244
  12. Perspektiven der Individualität 261
  13. Nachwort 299
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