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übergenommen, in der er die bürgerlich beschränkte
Lebensweise gegenüber der flotten Ungebundenheit
bedeutet, ist der Name Philister zuerst von großen
Persönlichkeiten zur Bezeichnung der ihren Bestre-
bungen feindlichen Menge benützt worden. Richard
Wagner verstand unter Philister den Menschen ohne
künstlerischen Sinn, Schopenhauer den Menschen ohne
geistige Bedürfnisse schlechtweg. Er erklärte diesen
Mangel als eine Folge „des streng und knapp normalen
Maßes seiner intellektuellen Kräfte". Lombroso nennt
die Abneigung gegen das Neue, den Misoneismus, ge-
radezu „ein Merkmal des normalen, ehrlichen Men-
schen". Sonach müßte sich ein Individuum in dem-
selben Grade, als es progressiv ist, von dem Normalen
entfernen, da das Durchschnittsmaß der menschlichen
Intelligenz nicht die Bewegungsfreiheit gestattet, die
zur Erhebung über die herrschende Norm und zur
Erfassung neuer Gedanken erforderlich ist.
Gegenüber der Frauenbewegung hat das autoritäre
Philistertum eine besonders große Rolle gespielt. Und
nicht bloß in der Praxis des bürgerlichen Lebens.
Nirgends macht sich die unkritische Normenphilisterei
so breit wie in der Literatur über „das Weib". Die
meisten Darstellungen gehen eher dahin, für das Weib
generelle Bestimmungen aufzustellen und Normen der
psychischen Geschlechtsdifferenzierung abzugrenzen,
als der Individualität den angemessenen Platz einzu-
räumen. Nicht eine Formel für die unendliche Man-
nigfaltigkeit der individuellen Entwicklung ist das Ziel,
sondern ein allgemeingültiges Kriterium, das die
Lebensbedingungen des Individuums nach dem Ge-
schlecht bestimmen und seine Stellung in der mensch-
lichen Gesellschaft festlegen soll. Man sieht: das
Bedürfnis nach der gesetzgeberischen Norm überwiegt
bei jenen, die auf der Linie der konservativen Geistig-
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Buch Zur Kritik der Weiblichkeit"
Zur Kritik der Weiblichkeit
- Titel
- Zur Kritik der Weiblichkeit
- Autor
- Rosa Mayreder
- Verlag
- Eugen Diederichs Verlag
- Ort
- Jena
- Datum
- 1922
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 10.5 x 16.5 cm
- Seiten
- 316
- Schlagwörter
- Feminismus, Soziologie, Machtverhältnisse, Geschlechterkampf, Frauen
- Kategorie
- Geisteswissenschaften
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 1
- Grundzüge 7
- Mutterschaft und Kultur 48
- Die Tyrannei der Norm 85
- Von der Männlichkeit 102
- Das Weib als Dame 139
- Frauen und Frauentypen 157
- Familienliteratur 187
- Der Kanon der schönen Weiblichkeit 199
- Einiges über die starke Faust 210
- Das subjektive Geschlechtsidol 244
- Perspektiven der Individualität 261
- Nachwort 299