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hinter dem äußerlichen Glanz dieser Epoche verbirgt
und erst in jenem ungeheuren Zusammenbruch am
Ende des achtzehnten Jahrhunderts ganz zutage tritt,
ist zum nicht geringen Teil auf das Künstliche und
Hohle in der Existenz der tonangebenden Frauen zu-
rückzuführen. Die Galanterie, eine frivole und heuch-
lerische Manier, gesteht der Dame den Schein der
Überlegenheit zu, um sie in Wahrheit auf den Platz
zwischen Kindern und Unmündigen hinabzudrücken,
der dem Weibe nach den Vorstellungen der herri-
schen Männlichkeit zukommt. Der Mann, doppelt
überlegen durch seine physische wie geistige Aus-
rüstung, benutzt die Galanterie als Mittel, um sich
die Machtansprüche der Dame vom Leibe zu halten.
In demselben Maß, wie der Abstand zwischen der
männlichen und der weiblichen Bildung zunimmt, ver-
engert sich die Sphäre, die der Dame eingeräumt
ist. Alle großen und ernsten Probleme des Lebens
sind daraus verbannt; der Salon, in dem die Dame
herrscht, ist nicht viel mehr als ein modernisiertes
Gynaeceum, bewohnt von eleganten Puppen, deren
oberste Aufgabe ist, sich zu schmücken, um zu ge-
fallen.
Es ist ein teurer Preis, mit dem die Dame ihre
Herrschaft bezahlt. In dem Bestreben, diese Herr-
schaft zu erhalten, muß sie sich hinter eine reaktio-
näre Tradition verschanzen. Als Repräsentantin des
Schicklichen ist sie in einen bedenklichen Gegensatz
zum Natürlichen geraten, das in der Region der Dame
zum Unanständigen wird. Ganz feindlich aber steht
sie allen Neuerungen gegenüber, die eine moderne
Weltanschauung in das Leben des weiblichen Ge-
schlechtes einzuführen versucht.
In dem Begriff der Dame selbst liegt etwas,
das sich mit dem Begriff der freien Persönlichkeit
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Zur Kritik der Weiblichkeit
- Titel
- Zur Kritik der Weiblichkeit
- Autor
- Rosa Mayreder
- Verlag
- Eugen Diederichs Verlag
- Ort
- Jena
- Datum
- 1922
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 10.5 x 16.5 cm
- Seiten
- 316
- Schlagwörter
- Feminismus, Soziologie, Machtverhältnisse, Geschlechterkampf, Frauen
- Kategorie
- Geisteswissenschaften
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 1
- Grundzüge 7
- Mutterschaft und Kultur 48
- Die Tyrannei der Norm 85
- Von der Männlichkeit 102
- Das Weib als Dame 139
- Frauen und Frauentypen 157
- Familienliteratur 187
- Der Kanon der schönen Weiblichkeit 199
- Einiges über die starke Faust 210
- Das subjektive Geschlechtsidol 244
- Perspektiven der Individualität 261
- Nachwort 299