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Was diese Frauen als elementare Kraft dem Manne
überlegen macht, ist die Verbindung von individuellem
Egoismus mit dem Gattungstriebe; sie fühlen sich
so unmittelbar eins mit ihrem Kinde, daß sie da-
durch an dem „Alleben der Natur" mehr Anteil zu
haben scheinen. Das Überwiegen des Instinktlebens
in ihnen erweckt den Anschein, daß das Weib der
Natur näher steht als der Mann, und übt gerade auf
Männer, die an ihrer übermäßigen Verstandeskultur
leiden, einen hohen erotischen Zauber aus.
Ihrem „sittlichen" Range nach dürfte diese Art
Frauen nicht so hoch zu setzen sein wie in der
männlichen Vorstellung. Sonst hätte die Voraus-
setzung keine Berechtigung, daß dem weiblichen Ge-
schlecht ein wesentlicher Anteil bei jener Differen-
zierung des Trieblebens zukommt, die sich in der
Liebe kundgibt. Denn daß sie ausschließlich auf
eine bestimmte Person um ihrer selbst willen ge-
richtet ist, das erst zeichnet die Liebesbeziehung vor
einer bloßen Verbindung zum Zwecke der Fortpflan-
zung aus.
Dem Manne könnte diese Wesensart des Weibes
sogar eine gewisse Gefahr bringen, wenigstens so-
weit es sich um seine Vaterschafts-Vorrechte han-
delt. Es wäre nicht unmöglich, daß in dem Augen-
blick, als das weibliche Geschlecht soziale Gewalt
erlangte, diese Art Frauen den Mann als Vater stark
in den Hintergrund drängen würde. Zum Glück für
den Mann ist das Aufgehen in der Mutterschaft
meistens doch mit jener Passivität gepaart, die zum
primitiven Geschlechtscharakter des Weibes gehört
und selbständiges Handeln nach allgemeinen Gesichts-
punkten ausschließt.
Erst der extreme Typus der egoistisch-frigiden
Weiblichkeit überschreitet diesen primitiven Ge-
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Zur Kritik der Weiblichkeit
- Titel
- Zur Kritik der Weiblichkeit
- Autor
- Rosa Mayreder
- Verlag
- Eugen Diederichs Verlag
- Ort
- Jena
- Datum
- 1922
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 10.5 x 16.5 cm
- Seiten
- 316
- Schlagwörter
- Feminismus, Soziologie, Machtverhältnisse, Geschlechterkampf, Frauen
- Kategorie
- Geisteswissenschaften
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 1
- Grundzüge 7
- Mutterschaft und Kultur 48
- Die Tyrannei der Norm 85
- Von der Männlichkeit 102
- Das Weib als Dame 139
- Frauen und Frauentypen 157
- Familienliteratur 187
- Der Kanon der schönen Weiblichkeit 199
- Einiges über die starke Faust 210
- Das subjektive Geschlechtsidol 244
- Perspektiven der Individualität 261
- Nachwort 299