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Hand geben kann; und dann ist es jetzt und in der
nächsten Ewigkeit verloren."
Den hauptsächliclien Inhalt der Familienliteratur
bildet, wie sich das bei einem weiblichen Publikum
von selbst versteht, das Verhältnis zwischen Mann
und Weib. Aber nicht etwa die Ehe, dieses schwie-
rige und komplizierte, konfliktreiche und für das
Frauenleben so entscheidende Verhältnis, ist das
Thema, nur das Lieben und Verloben. Immer wird
ein liebendes Paar durch eine „spannende Verwick-
lung" über die mannigfachsten Hindernisse hinweg
zum „glücklichen Ausgang" der Ehe geführt. Sobald
die Sache so weit gediehen ist, entläßt der Autor
sein Publikum mit der beruhigenden Gewißheit, daß
der Hochzeitstag die Krone des Lebens und der
fröhliche Schluß aller Kümmernisse und Enttäuschun-
gen sei. Nur wenn er es besonders gründlich macht,
läßt er zum Schluß noch einmal für einen Augen-
blick den Vorhang aufgehen und zeigt uns die junge
Frau, in Wonne und Seligkeit schwimmend, mit einem
sechs Wochen alten Sprößling auf dem Schoß.
»Es ist etwas ganz Erstaunliches und Ungeheures
in der Erziehung der vornehmen Frauen", sagt
Nietzsche; »alle Welt ist darüber einverstanden, sie
in eroticis so unwissend als möglich zu erziehen
. . .*
Das Erstaunlichste in diesem System ist aber, daß
gleichzeitig die weibliche Phantasie beständig mit
erotischen Dingen beschäftigt wird; das Ungeheuer-
lichste, daß diese erotischen Dinge obendrein in einer
falschen und verlogenen Gestalt eigens für die weib-
liche Phantasie präpariert und so die bittersten Ent-
täuschungen und Wunden gerade für die gläubigen
und arglosen Gemüter vorbereitet werden. Bei der
Wichtigkeit, welche das Heiraten im Leben der bür-
gerlichen Mädchen besitzt, sollte ihnen die Erziehung
13 Mayreder, Kritik der Weiblichkeit
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Zur Kritik der Weiblichkeit
- Titel
- Zur Kritik der Weiblichkeit
- Autor
- Rosa Mayreder
- Verlag
- Eugen Diederichs Verlag
- Ort
- Jena
- Datum
- 1922
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 10.5 x 16.5 cm
- Seiten
- 316
- Schlagwörter
- Feminismus, Soziologie, Machtverhältnisse, Geschlechterkampf, Frauen
- Kategorie
- Geisteswissenschaften
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 1
- Grundzüge 7
- Mutterschaft und Kultur 48
- Die Tyrannei der Norm 85
- Von der Männlichkeit 102
- Das Weib als Dame 139
- Frauen und Frauentypen 157
- Familienliteratur 187
- Der Kanon der schönen Weiblichkeit 199
- Einiges über die starke Faust 210
- Das subjektive Geschlechtsidol 244
- Perspektiven der Individualität 261
- Nachwort 299