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Zur Kritik der Weiblichkeit
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— die Fähigkeit der Hingebung. Damit begibt sich das Merkwürdige in der männlichen Psyche, das große Wunder, das eine völlige Umkehrung des pri- mitiven Empfindens bewirkt, eine Wandlung der teleo- logischen Geschlechtsnatur. Das erotische Genie umfaßt die Wesen des an- deren Geschlechtes mit intuitivem Verständnis und vermag sich ihnen ganz zu assimilieren. Sie sind ihm das Urverwandte und Urvertraute; die Vorstel- lungen der Ergänzung, der Erfüllung, der Befreiung des eigenen Wesens oder selbst die einer mystischen Verschwisterung begleiten seine Liebesbeziehungen. Ihm bedeutet die Geschlechtlichkeit nicht eine Auf- hebung oder Beschränkung der Persönlichkeit, son- dern eine Steigerung und Bereicherung durch die Individuen, mit denen es auf diese Weise verknüpft wird. Aber nicht etwa die Anzahl der Eroberungen ist es, die den genialen Erotiker ausmacht; sie hat mit seinen entscheidenden Eigentümlichkeiten so wenig zu tun, wie die strenge Ausschließlichkeit der Treue'. Es gibt unter den erotischen Genies monogame Na- turen, wie Novalis, die so völlig in einem geliebten Wesen aufgehen, daß sie ihre tiefste Ehre darin er- blicken, selbst das Leben aufzugeben, wenn der Tod sie scheidet; oder polygame, wie Goethe, die im- stande sind, gleichzeitig auch mehreren sich in Liebe zu ergeben. Nichts könnte das Empfinden des poly- gamen erotischen Genies gegenüber seinen gegen- wärtigen und vergangenen Liebesbeziehungen besser charakterisieren, als jene Stelle in den Briefen an Frau von Stein, wo Goethe von seinem, nach vielen Jahren der Trennung erfolgten Besuche bei Friederike und Lilly erzählt: „Die schöne Empfindung, die mich begleitet, kann ich nicht sagen. So prosaisch ich nun 229
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Zur Kritik der Weiblichkeit
Titel
Zur Kritik der Weiblichkeit
Autor
Rosa Mayreder
Verlag
Eugen Diederichs Verlag
Ort
Jena
Datum
1922
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
10.5 x 16.5 cm
Seiten
316
Schlagwörter
Feminismus, Soziologie, Machtverhältnisse, Geschlechterkampf, Frauen
Kategorie
Geisteswissenschaften

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 1
  2. Grundzüge 7
  3. Mutterschaft und Kultur 48
  4. Die Tyrannei der Norm 85
  5. Von der Männlichkeit 102
  6. Das Weib als Dame 139
  7. Frauen und Frauentypen 157
  8. Familienliteratur 187
  9. Der Kanon der schönen Weiblichkeit 199
  10. Einiges über die starke Faust 210
  11. Das subjektive Geschlechtsidol 244
  12. Perspektiven der Individualität 261
  13. Nachwort 299
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