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stellt. Ihm, der in seiner Person den Dichter und
den Musiker vereinigte, erschien das Komponieren
als eine weibliche Funktion. „Die Musik ist ein
Weib", das sich durch das männliche Wort befruchten
lassen muß, um zu gebären— diesen Gedanken hat
Wagner mit Kühnheit und Tiefe in „Oper und Drama"
durchgeführt. Von welchen Vorstellungen über das
Spezifisch-Geschlechtliche er dabei ausging, zeigen
Aussprüche wie: „Nur als höchstes Liebesverlangen
ist das Weibliche zu fassen, offenbare es sich nun
im Manne oder im Weibe", oder: „Das, wodurch der
Verstand dem Gefühle verwandt ist, ist das Rein-
menschliche, das, was das Wesen der menschlichen
Gattung als solcher ausmacht. Andiesem Reinmensch-
lichen nährt sich das Männliche wie das Weibliche,
das durch die Liebe verbunden erst Mensch wird."
Daher brauchte er nicht anzustehen, den Vorzug
Mozarts im Don Juan darauf zurückzuführen, daß hier
„der Musiker der Natur seiner Kunst nach nicht im
mindesten etwas anderes war, als unbedingt liebendes
Weib", und die Größe Beethovens darin zu suchen,
daß er, der in seinem Hauptwerke die Notwendigkeit
fühlte, sich an den Dichter zu wenden, „ein ganzer,
das heißt gemeinsamer, den geschlechtlichen Be-
dingungen des Männlichen und Weiblichen unter-
worfener Mensch" geworden war.
Nicht die objektive Bedeutung dieser Aussprüche
in musiktheoretischer Hinsicht kommt hier in Betracht,
sondern ihre subjektive und symptomatische, die Auf-
fassung, nach welcher der vollendete Mensch geistig
den Bedingungen des Männlichen und des Weiblichen
unterworfen ist. Auch Emerson drückt diese Auf-
fassung aus, indem er sagt: „Im Gehirn finden sich
sowohl männliche als weibliche Eigenschaften . . .
Tatsächlich wechseln wir in der geistigen Welt in
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Buch Zur Kritik der Weiblichkeit"
Zur Kritik der Weiblichkeit
- Titel
- Zur Kritik der Weiblichkeit
- Autor
- Rosa Mayreder
- Verlag
- Eugen Diederichs Verlag
- Ort
- Jena
- Datum
- 1922
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 10.5 x 16.5 cm
- Seiten
- 316
- Schlagwörter
- Feminismus, Soziologie, Machtverhältnisse, Geschlechterkampf, Frauen
- Kategorie
- Geisteswissenschaften
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 1
- Grundzüge 7
- Mutterschaft und Kultur 48
- Die Tyrannei der Norm 85
- Von der Männlichkeit 102
- Das Weib als Dame 139
- Frauen und Frauentypen 157
- Familienliteratur 187
- Der Kanon der schönen Weiblichkeit 199
- Einiges über die starke Faust 210
- Das subjektive Geschlechtsidol 244
- Perspektiven der Individualität 261
- Nachwort 299