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Zur Kritik der Weiblichkeit
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Empfinden gefördert und bestärkt wird; denn nicht auf den Eigenschaften, welche die typischen ihres Geschlechtes sind, ruht ihr Selbstgefühl, sondern auf jenen, die über das Geschlecht hinausführen. Bewunderungswürdig, ja ehrfurchtgebietend an einer Individualität wirken gerade die Eigenschaften, welche die primitive Geschlechtsnatur aufheben, weil sie mit ihr in Widerspruch stehen. Daher ist das gefestigte und unerschütterliche Aufsichselbstberuhen, das mit Willensstärke, Unbeugsamkeit, Initiative einhergeht, an einer Frau noch höher zu schätzen als an einem Mann. Bei dem Manne bedeuten diese Eigenschaften nur eine Umsetzung der Geschlechtsteleologie in eine höhere Stufe des Seelenlebens, bei der Frau hingegen ein Überschreiten der durch die teleologische Be- schaffenheit dem gewöhnlichen weiblichen Individuum gesetzten Grenze. Das ist der Gedanke, der dem Worte Grillparzers zugrunde liegt: „Das edle Weib ist halb ein Mann, ja ganz; nur ihre Fehler machen sie zu Weibern." Denn der große Vorsprung, den die Natur dem Manne gewährt hat, besteht darin, daß schon in seiner teleologischen Geschlechtsbeschaffenheit die Dispo- sition zu jenen Eigenschaften liegt, welche die Ent- wicklung der freien Persönlichkeit begünstigen, indes bei dem Weibe erst die teleologische Beschaffenheit überwunden sein muß, wenn diese Eigenschaften sich entfalten sollen. Aber auch für den Mann ist das spezifisch Geschlechtliche eine Grenze, weil es ihn von dem Verständnis für die andere Hälfte der Menschheit ausschließt, weil es ihn beschränkt. Frei im höchsten Sinne— und mehr als es der „ganze Mann" je sein kann— wird nur jener Mann sein, der die synthetische Kraft besitzt, durch Assimilierung eine höhere, umfassendere Wesenseinheit aus sich zu 296
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Zur Kritik der Weiblichkeit
Titel
Zur Kritik der Weiblichkeit
Autor
Rosa Mayreder
Verlag
Eugen Diederichs Verlag
Ort
Jena
Datum
1922
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
10.5 x 16.5 cm
Seiten
316
Schlagwörter
Feminismus, Soziologie, Machtverhältnisse, Geschlechterkampf, Frauen
Kategorie
Geisteswissenschaften

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 1
  2. Grundzüge 7
  3. Mutterschaft und Kultur 48
  4. Die Tyrannei der Norm 85
  5. Von der Männlichkeit 102
  6. Das Weib als Dame 139
  7. Frauen und Frauentypen 157
  8. Familienliteratur 187
  9. Der Kanon der schönen Weiblichkeit 199
  10. Einiges über die starke Faust 210
  11. Das subjektive Geschlechtsidol 244
  12. Perspektiven der Individualität 261
  13. Nachwort 299
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