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DIE SAMMLUNGSBESTÄNDE IM HISTORISCHEN
KONTEXT484
8.2.1 Erscheinungsverlauf und Aufstellung in der Privatbibliothek
Diese zunächst in Form von zwei Broschüren und ab dem Jahr 1793 als Zeit-
schrift herausgegebenen Briefe eines fingierten, aus Eipeldau1755 stammen-
den Bauern, der seinem in Kagran1756 lebenden Cousin in stilisierter Mundart
von seinen Erlebnissen in der „Wienerstadt“ berichtet, sind teils satirisch,
teils ironisch geschrieben. Kai Kauffmann bemerkt, dass die Figur des Ei-
peldauers nicht nur beobachtet und beschreibt, sondern gleichzeitig referiert
und rezensiert: „Der Eipeldauer hat, als (ehemaliger) ‚Bauer in der Stadt‘, im
Grenzbereich zwischen fiktiver Erzählung und realer Beschreibung verschie-
dene Rollen und Funktionen. Ähnlich wie der Hanswurst spielt er die Rolle
des einerseits unwissenden, andererseits unverbildeten Narren.“1757
Die ersten zwei Hefte – oder der Zeit entsprechender gesagt Broschüren –
der „Briefe eines Eipeldauers an seinen Herrn Vetter in Kagran“ verstanden
den Zeitgeist des Josephinismus sehr treffend einzufangen und bescherten
dem Verfasser Joseph Richter1758 großen Erfolg. In den Jahren 1793–1797
erschienen die Eipeldauerbriefe regelmäßig und können nun als Periodikum
bezeichnet werden, wobei ein Heft im Durchschnitt sechs Briefe enthielt.1759
Es folgten die „Briefe des neu angekommenen Eipeldauers an seinen
Herrn Vetter in Kakran“ (Wien 1799–1801) bzw. die „Briefe des jungen Ei-
peldauers“ (Wien 1802–1813).1760 Nach dem Tod Joseph Richters am 16. Juni
1813 stammten die Jahrgänge 1814–1819 aus der Feder Franz Xaver Ge-
1755 Erst später setzte sich der Name Leopoldau durch. 1904 wurde die Gemeinde Teil des 21.
Wiener Gemeindebezirks Floridsdorf.
1756 Ein Dorf im heutigen 22. Wiener Gemeindebezirk Donaustadt.
1757 Kauffmann, Wien, 258.
1758 Joseph Richter (1749–1813). Vgl. Bodi, Tauwetter, 140–148.
1759 [Joseph Richter], Briefe eines Eipeldauers an seinen Herrn Vetter in Kagran, über
d’Wienstadt […] Angefangen und mit Noten herausgegeben von einem Wiener (Wien
1785–1794) [FRANZ 1086]; das zweite Heft ist in der zweiten Auflage vorhanden. Die
Zeitschriftenfolge geht bis in das Jahr 1797. Es folgt ein Intermezzo durch die Zeitschrift
„Die Wahrheit in Maske. Vom Verfasser der Eipeldauerbriefe“ (o.O. 1798), dessen Exem-
plar in der Optik der Eipeldauerbriefe eingebunden wurde.
1760 Wurden den ab 1799 erschienenen Jahrgängen zunächst noch durch den Bibliothekar Pe-
ter Thomas Young eigene Signaturen zugewiesen (FRANZ 6446 sowie 14595 und 14596),
so entschied man sich später für eine Zusammenführung der Signaturen auf FRANZ
1086. Auch die Bände der Jahre 1832–1836 tragen denselben Einband wie die zuvor er-
schienenen, ihnen wurde allerdings die Signatur FRANZ 28952 zugewiesen. Die ab dem
Jahr 1837 erschienenen Bände enthalten bereits eine Signatur der ferdinandeischen Bi-
bliothek [FERD 5005] und sind an einem anderen Standort aufgestellt. Es ist prinzipi-
ell festzuhalten, dass Ableger der Eipeldauerbriefe mit divergierenden Titeln bis in das
20. Jahrhundert existieren, aber außerhalb des Untersuchungszeitraums liegen.
Die Privatbibliothek Kaiser Franz’ I. von Österreich 1784-1835
Bibliotheks- und Kulturgeschichte einer fürstlichen Sammlung zwischen Aufklärung und Vormärz
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die Privatbibliothek Kaiser Franz’ I. von Österreich 1784-1835
- Untertitel
- Bibliotheks- und Kulturgeschichte einer fürstlichen Sammlung zwischen Aufklärung und Vormärz
- Autoren
- Thomas Huber-Frischeis
- Nina Knieling
- Rainer Valenta
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79497-4
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 644
- Schlagwörter
- Austrian History, Book History, Library History, 18th Century, 19th Century, Emperor Francis I, Österreichische Geschichte, Buchgeschichte, Bibliotheksgeschichte, 18. Jahrhundert, 19. Jahrhundert, Hofburg, Kaiser Franz I.
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 11
- 1. Einleitung 15
- 2. Zur Vorbildfunktion der Privatbibliothek von Pietro Leopoldo und Maria Luisa. Erwerbungsstrategien und Buchlektüre am florentinischen Hof (NK) 27
- 2.1 Pietro Leopoldo als Großherzog von Toskana 28
- 2.2 Meilensteine der florentinischen Privatbibliothek der Großherzoge 30
- 2.3 Akquisitionspolitik und Benutzung 36
- 2.4 Sapere aude – Das Buch als Eckpfeiler der aufgeklärten Erziehung und seine mediale Rezeption 49
- 2.5 Spurensuche nach dem Nukleus der franziszeischen Privatbibliothek 62
- 3. Vom Kaiser bis zum Bibliotheksadjunkten. Die Akteure der Privatbibliothek 70
- 3.1 Stationen im Leben eines Kaisers als Bibliothekar 70
- 3.1.1 Die Prinzenerziehung in Wien und der prägende Einfluss von Erziehern und Lehrern (NK) 70
- 3.1.2 Franz II. als letzter Kaiser des Heiligen Römischen Reichs (NK) 76
- 3.1.3 Franz I. als Kaiser von Österreich (TH-F) 77
- 3.1.4 Die Privatbibliothek im administrativen Gefüge des erzherzoglichen bzw. kaiserlichen Hofstaats bis 1806 (NK) 81
- 3.2 Personal der Institution Privatbibliothek (TH-F) 83
- 3.2.1 Mathias Braunbeck 84
- 3.2.2 Peter Thomas Young 89
- 3.2.3 Michael Brunner 116
- 3.2.4 Alois Hofmann 121
- 3.2.5 Franz (Xaver) Thein 123
- 3.2.6 (Johann) Eduard Frister 128
- 3.2.7 Wenzel (Maximilian) Kißler 135
- 3.2.8 Leopold Joseph Wilhelm von Khloyber 140
- 3.2.9 Georg Thaa 151
- 3.2.10 Giuseppe Caselli 156
- 3.2.11 Joseph Ott 166
- 3.2.12 Philipp Held 176
- 3.1 Stationen im Leben eines Kaisers als Bibliothekar 70
- 4. Die Bibliothek als architektonischer Ort. Rekonstruktion und Entwicklung der Privatbibliothek Kaiser Franz’ I. (RV) 178
- 5. Finanzpolitische Aspekte der Privatbibliothek (TH-F) 208
- 6. Vom Buchmarkt zum Bibliotheksbestand . Erwerbungsmechanismen und Bestandsaufbau 229
- 6.1 The Marketplace of Ideas – Akquisitionspolitik 1784 bis 1791 (NK) 229
- 6.2 Ein Handapparat entsteht – Bestandsaufbau und unktionswandel der Privatbibliothek 1784 bis 1791 (NK) 244
- 6.3 Handelspraktiken des Buchmarktes 1792 bis 1806 im Spiegel der Privatbibliothek (NK) 252
- 6.4 Erwerbungen bei in- und ausländischen Buchhändlern 1806 bis 1835 (TH-F) 266
- 6.5 Ankauf geschlossener Sammlungen von 1806 bis 1835 (TH-F) 280
- 6.5.1 Die ererbte Bibliothek Erzherzogin Maria Elisabeths (1808) 283
- 6.5.2 Die Manuskriptsammlungen des Joseph von Sartori (1809, 1813) 287
- 6.5.3 Die Bibliothek des Peter Anton Freiherrn von Frank (1819) 292
- 6.5.4 Die Inkunabelsammlung des Ferdinand Freiherrn von Ulm (1824) 296
- 6.5.5 Sammlung chinesischer Handzeichnungen des Generalkonsuls Edward Watts (um 1826) 304
- 6.5.6 Die physiognomische Studiensammlung des Johann Caspar Lavater (1828) 307
- 6.5.7 Aus dem Nachlass des ehemaligen Leibarztes Nikolaus Thomas Host (1834) 314
- 6.6 Erwerbungen im Rahmen von Auktionen von 1806 bis 1835 (TH-F) 320
- 6.6.1 Aus der Privatbibliothek des Franz Freiherrn von Prandau (1811) 322
- 6.6.2 Aus der Privatbibliothek des Johann Melchior Edlen von Birkenstock (1812) 327
- 6.6.3 Aus der Privatbibliothek der Grafen Apponyi (1818) 338
- 6.6.4 Aus der Privatbibliothek des Prosper Fürsten von Sinzendorf (1823) 339
- 6.6.5 Aus der Privatbibliothek König Maximilian I. Josephs von Bayern (1826) 347
- 6.6.6 Aus dem Nachlass des Wiener Erzbischofs Leopold Maximilian Graf Firmian (1832) 352
- 6.6.7 Aus der Bibliothek der Grafen Auersperg im Schloss Wolfpassing (1834) 356
- 6.7 Der Bestandsaufbau der Privatbibliothek 1806 bis 1835 im Überblick (TH-F) 359
- 7. Bibliothek und Ordnung 363
- 8. Die Sammlungsbestände im historischen Kontext. Exemplarische Analysen 394
- 9. Die Privatbibliothek im Vergleich. Einblicke und Ausblicke 489
- 10. Resümee 537
- Bildteil 545
- 11. Anhang 561
- 11.1 Werke der Büchersammlung aus Florenz in der kaiserlichen Privatbibliothek 561
- 11.2 Werke der Büchersammlung aus Florenz im Prunksaal 568
- 11.3 Sammlung der besten deutschen prosaischen Schriftsteller und Dichter 571
- 11.4 Ahnentafel Kaiser Franz’ I 574
- 11.5 Beschreibung der Lebensweise Kaiser Franz’ I 574
- 11.6 Wiener Buchhändler als Lieferanten der Privatbibliothek 577
- 11.7 Edition des von der Zensur verbotenen Eipeldauerbriefs 579
- 11.8 Prandau’sche Auktion: Listen der für die Privatbibliothek erworbenen bzw. nicht erworbenen Werke 579
- 11.9 Birkenstock’sche Auktion: Listen der für die Privatbibliothek erworbenen und nicht erworbenen Werke 582
- 11.10 Sinzendorf’sche Auktion: Liste der für die Privatbibliothek erworbenen und nicht erworbenen Werke 590
- 11.11 Auktion der Bibliothek Maximilians I. von Bayern: Liste der für die Privatbibliothek erworbenen Werke 592
- 12. Abbildungs-, Quellen- und Literaturverzeichnis 595
- 13. Register 630