Seite - 21 - in Norm und Zeremoniell - Das Etiquette-Normale für den Wiener Hof von circa 1812
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DAS ETIQUETTE-NORMALE DES OBERZEREMONIENMEISTERS 21
gekündigte Reglement für die Räumlichkeiten seiner Gemahlin, wie bereits
ausgeführt, fehlt76). Inhaltlich orientiert sich die Zutrittsordnung an den ent-
sprechenden Bestimmungen von 1746.77 Diese Kammerordnung betraf je-
doch nur das Appartement des Herrschers, während die „Damenseite“ nicht
berücksichtigt wurde. Hier wurde keine genaue Regelung erlassen, sondern
es wurden Entscheidungen über Zutritt beziehungsweise Nicht-Zutritt je-
weils für den Einzelfall getroffen.78 So fehlte Wurmbrand in diesem Fall eine
Vorlage, die er in das Etiquette-Normale hätte einarbeiten können. Zudem
hatte sich seit der maria-theresianischen Ära eine grundlegende Verände-
rung in Hinblick auf die Lage der kaiserlichen Kammer ergeben: Franz II./I.
residierte nicht, wie noch seine Großmutter, im Leopoldinischen Trakt der
Hofburg, sondern bewohnte mehrere Räume im zweiten Stock der Alten
Burg. Feierliche Anlässe fanden aber weiterhin in den sogenannten Zeremo-
niellappartements im ersten Stock des Schweizer und des Leopoldinischen
Trakts statt, die von der Botschafterstiege aus betreten wurden und aus der
Zimmerflucht Vorzimmer, Trabantenstube, Ritterstube, Erste Antekammer,
Zweite Antekammer und Geheime Rathstube sowie aus dem zwischen 1804
und 1808 errichteten Zeremoniensaal bestanden.79 Nur in Ausnahmefällen
wurden die kaiserlichen Privatgemächer für zeremonielle Anlässe genutzt.80
In Hinblick auf die Frage einer Modernisierung des Zutrittszeremoni-
ells bleibt festzuhalten, dass das Zutrittsreglement im Etiquette-Normale
nochmals eine Bekräftigung erfuhr, indem auf die Vorlage von 1746 zurück-
gegriffen wurde, während die Forschung bisher davon ausging, dass diese
Zutrittsordnungen ab Joseph II. und mehr noch unter Kaiser Franz II./I. an
Relevanz verloren hätten.81
Doch nicht nur Hofordnungen und Dienstinstruktionen dienten Wurm-
brand bei der Abfassung des Etiquette-Normales als Vorlage, sondern auch
die Zeremonialprotokolle selbst. Während in den Folianten aus der Mitte
nung für die Repräsentationsräumlichkeiten Kaiser Karls VI., 1715), S. 791–794 (Kammer-
zutrittsordnung für die Repräsentationsräume Kaiser Franz I. Stephans, ca. 1746). Hier
auf S. 341 eine Skizze der Räumlichkeiten, wie sie im 18. Jahrhundert genutzt wurden.
Vgl. dazu weiter: benedik, Die herrschaftlichen Appartements.
76 § 9, 2, 23.
77 Pangerl, Höfische Öffentlichkeit, S. 272–273, S. 283–285.
78 Ebd., S. 272.
79 Diese Räumlichkeiten gehören heute zum Kongresszentrum Hofburg, vgl. https://www.hof-
burg.com/, eingesehen am 9. April 2019.
80 hanzl-Wachter, Das Zeremoniell unter Franz II. (I.), S. 336–337. benedik, Der Zeremoni-
ensaal, S. 205–209. Genaue Beschreibung bei SchWeickhardt, Darstellung der k.k. Haupt-
und Residenzstadt Wien, S. 29–33 (der Zeremoniensaal wird hier als Rittersaal bezeich-
net).
81 Pangerl, Höfische Öffentlichkeit, S. 275–278.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 8
- 2. Editionsrichtlinien 25
- 3. Edition 27
- Anmerkungen 169
- 4. Glossar 171
- 5. Verzeichnis der Paragraphen 180
- 6. Abkürzungsverzeichnis 182
- 7. Bibliographie 184
- 7.1 Ungedruckte Quellen 184
- 7.2 Gedruckte Quellen 184
- 7.3 Nachschlagewerke 185
- 7.4 Literatur 186
- 8. Personenregister 194