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2 A. Klärner et al.
Einkommen, einen höheren Schulabschluss oder einen prestigeträchtigeren Beruf
haben. Dieser Zusammenhang, oftmals auch als „sozialer Gradient“ bezeichnet,
ist vielfach belegt und lässt sich in (fast) allen Ländern der Welt und auch in
Deutschland anhand unterschiedlicher Gesundheitsindikatoren zeigen (vgl. z. B.
Richter und Hurrelmann 2009).
In dem Satz wird aber nicht nach dem eigenen Einkommen gefragt, sondern
nach dem Einkommen der Freunde. Ist diese Information wirklich aussage-
kräftig? Macht es wirklich einen Unterschied für die eigene Gesundheit, mit
wem man befreundet ist, mit wem man sich in seinem Alltag umgibt und welche
soziale Position diese Personen haben?
Wissenschaftlich gesprochen stellt dieser Satz einen Zusammenhang zwischen
der sozialen Stellung von Akteuren im Beziehungsnetzwerk eines Menschen und
dessen eigenem Gesundheitsverhalten, seiner Morbidität und seiner Mortalität her.
Die Auskunft über den sozialen Status der Freunde einer Person – es können mög-
licherweise auch Familienangehörige, die Kollegen, Nachbarn oder andere, entfernter
bekannte Personen sein – soll uns also Rückschlüsse auf das Gesundheitsverhalten,
auf die Anfälligkeit für bestimmte Krankheiten und die Lebenserwartung geben
und ggf. auch auf schichtspezifische Unterschiede in der Gesundheit. Für Familien-
angehörige liegt es nahe, wenn sie zusammen leben und einen gemeinsamen Haus-
halt führen, ein ähnliches Gesundheitsverhalten, ähnliche Gesundheitsrisiken
und Belastungen anzunehmen, wie auch Einflüsse auf die Lebenserwartung und
Erkrankungen, die erblich bedingt sind. Aber haben auch Personen aus dem weiteren
Freundes- und Bekanntenkreis einen Einfluss auf meine Gesundheit? Welche neuen
Perspektiven und Ergebnisse im Zusammenhang mit Gesundheit und gesundheit-
licher Ungleichheit kann die Betrachtung von sozialen Beziehungen ergeben?
Dieser Fragestellung werden die Beiträge des vorliegenden Sammelbandes
nachgehen. Aber nicht nur das, sie werden nicht nur danach fragen, ob es einzelne
soziale Beziehungen sind (etwa ein Freund, der raucht und andere zum Rauchen
animiert), die einen Einfluss auf individuelle Gesundheit haben, sondern auch,
inwieweit es beispielsweise einen Unterschied macht, ob der eigene Freundes-
kreis sich untereinander kennt und mag, oder eben nicht? Ob meine Gesundheit
oder mein Gesundheitsverhalten eher von mir ähnlichen oder mir eher unähn-
lichen Personen beeinflusst wird? Kurz: Die Beiträge des Bandes fragen danach,
ob die Struktur sozialer Beziehungen – die sozialen Netzwerke, in die wir alle
in unserem Wahrnehmen, Denken und Handeln eingebettet sind – einen Einfluss
auf uns haben, dass einige von uns mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eher
erkranken oder früher sterben als andere. Damit stellt sich auch die Frage, ob die
Betrachtung sozialer Netzwerke sowie die Beschäftigung mit der soziologischen
und inzwischen interdisziplinären Netzwerkforschung einen Beitrag zum Ver-
stehen und Erklären gesundheitlicher Ungleichheiten leisten können.
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Buch Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten - Eine neue Perspektive für die Forschung"
Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
Eine neue Perspektive für die Forschung
- Titel
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
- Untertitel
- Eine neue Perspektive für die Forschung
- Autoren
- Andreas Klärner
- Markus Gamper
- Sylvia Keim-Klärner
- Irene Moor
- Holger von der Lippe
- Herausgeber
- Nico Vonneilich
- Verlag
- Springer VS
- Ort
- Wiesbaden
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-658-21659-7
- Abmessungen
- 14.5 x 21.0 cm
- Seiten
- 436
- Kategorie
- Medien
Inhaltsverzeichnis
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten – eine neue Perspektive für die Forschung 1
- Theoretische und methodische GrundlagenSoziale Beziehungen, soziales Kapital und sozialeNetzwerke – eine begriffliche Einordnung 33
- Netzwerktheorie(n) – Ein Überblick 49
- Wirkmechanismen in sozialen Netzwerken 65
- Negative Beziehungsaspekte und gesundheitliche Ungleichheiten 87
- Netzwerkanalyse – eine methodische Annäherung 109
- Soziale Netzwerke, familiales Sozialkapital und kindliche Gesundheit 137
- Soziale Netzwerke, Gesundheit und gesundheitliche Ungleichheiten im Jugendalter 163
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im jungen und mittleren Erwachsenenalter 193
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im Alter 227
- Ungleichheitsdimensionen Sozialer Status, soziale Beziehungen und Gesundheit 257
- Geschlecht und gesundheitliche Ungleichheiten – Soziale Netzwerke im Kontext von Gesundheit und Gesundheitsverhalten 273
- Arbeitslosigkeit, soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten 309
- Soziale Netzwerke und die Gesundheit von Alleinerziehenden 329
- Soziale Netzwerke und Behinderung – Zugang und Stabilisierung der Einbindung in den allgemeinen Arbeitsmarkt 347
- Migration als gesundheitliche Ungleichheitsdimension? Natio-ethno-kulturelle Zugehörigkeit, Gesundheit und soziale Netzwerke 369