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43Soziale
Beziehungen, soziales Kapital und soziale Netzwerke …
Gruppen, Vereine oder ehrenamtliche Organisationen, als die Anzahl sozialer
Kontakte zu Familie, Verwandten und Freunden sowie die Verfügbarkeit und der
Zugang zu sozialen und interpersonalen Ressourcen verstehen. Gleichzeitig ver-
weist soziale Integration auf Normen und Werte als Orientierung für individuelle
Handlungen, welche durch soziale Interaktion entstehen und durch diese ver-
stetigt werden. Zahlreiche Indikatoren wurden entwickelt, um den Grad an sozia-
ler Integration innerhalb sozialer Netzwerke zu erfassen. Beispielsweise lassen
sich aus der sozialepidemiologischen Forschung der Social Integration Index
von Berkman oder der Social Connection Index von Kaplan aufführen (Berkman
und Syme 1979; Kaplan et al. 1977). In jüngerer Zeit wird nun auch in der Netz-
werkforschung zunehmend versucht, das bisherige, eher quantitative Verständnis
sozialer Netzwerke zu erweitern und auch qualitative Aspekte in die Erforschung
sozialer Netzwerke einzubeziehen, indem beispielsweise die Verfügbarkeit von
Ressourcen oder gemeinsam geteilte Normen und Werte innerhalb von Netz-
werken mit in Betracht gezogen werden (Henning und Kohl 2011).
Was der soziologischen Untersuchung sozialer Netzwerke bisher weit-
gehend fehlt, ist eine eigenständige Theorie (Holzer 2009). Es finden sich
Anknüpfungspunkte an Rational Choice-Ansätze sowie an strukturalistische
Gesellschaftstheorien, auch in der Systemtheorie lassen sich Zusammenhänge
zur Untersuchung von sozialen Netzwerken herstellen. In der Netzwerkforschung
stehen formale und methodische Fragen im Vordergrund, weniger die Ent-
wicklung einer gemeinsamen theoretischen Basis. In früheren Arbeiten wurde
dieses Fehlen von übergeordneter Theorie auch als strukturelle Intuition der
Netzwerktheorie bezeichnet (Freeman 2004). Holzer hebt dies in seinem Beitrag
zur Netzwerktheorie wie folgt hervor: „Um den entscheidenden Schritt von der
Netzwerkanalyse zu einer Netzwerktheorie machen zu können, muss jedoch den
besonderen Konstitutionsbedingungen [der Netzwerkanalyse] Rechnung getragen
werden“ (Holzer 2009, S. 264). Diese Aussage bezieht sich darauf, dass bis-
herige Ansätze einer Netzwerktheorie in verschiedenen wissenschaftlichen Dis-
ziplinen Anklang finden, wie etwa der Physik, der Biologie, der Psychologie und
der Soziologie, diese jeweiligen Ansätze aber nicht immer auf andere Bereiche
übertragbar sind und eine gemeinsame theoretische Fundierung entsprechend
erschweren. Es gibt bisher nur vereinzelt Ansätze, welche auf der Grundlage
theoretischer Überlegungen versuchen, die relationale Analyse mit kulturel-
len und symbolischen Aspekten zu füllen, um so Handlungen und Interaktionen
erklärbar zu machen (White 1995; Gibson 2005; Fuhse 2008). Ausführlicher
auf die theoretischen Hintergründe und methodischen Aspekte der Netzwerk-
forschung wird im Kap. „Netzwerkanalyse“ eingegangen.
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Buch Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten - Eine neue Perspektive für die Forschung"
Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
Eine neue Perspektive für die Forschung
- Titel
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
- Untertitel
- Eine neue Perspektive für die Forschung
- Autoren
- Andreas Klärner
- Markus Gamper
- Sylvia Keim-Klärner
- Irene Moor
- Holger von der Lippe
- Herausgeber
- Nico Vonneilich
- Verlag
- Springer VS
- Ort
- Wiesbaden
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-658-21659-7
- Abmessungen
- 14.5 x 21.0 cm
- Seiten
- 436
- Kategorie
- Medien
Inhaltsverzeichnis
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten – eine neue Perspektive für die Forschung 1
- Theoretische und methodische GrundlagenSoziale Beziehungen, soziales Kapital und sozialeNetzwerke – eine begriffliche Einordnung 33
- Netzwerktheorie(n) – Ein Überblick 49
- Wirkmechanismen in sozialen Netzwerken 65
- Negative Beziehungsaspekte und gesundheitliche Ungleichheiten 87
- Netzwerkanalyse – eine methodische Annäherung 109
- Soziale Netzwerke, familiales Sozialkapital und kindliche Gesundheit 137
- Soziale Netzwerke, Gesundheit und gesundheitliche Ungleichheiten im Jugendalter 163
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im jungen und mittleren Erwachsenenalter 193
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im Alter 227
- Ungleichheitsdimensionen Sozialer Status, soziale Beziehungen und Gesundheit 257
- Geschlecht und gesundheitliche Ungleichheiten – Soziale Netzwerke im Kontext von Gesundheit und Gesundheitsverhalten 273
- Arbeitslosigkeit, soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten 309
- Soziale Netzwerke und die Gesundheit von Alleinerziehenden 329
- Soziale Netzwerke und Behinderung – Zugang und Stabilisierung der Einbindung in den allgemeinen Arbeitsmarkt 347
- Migration als gesundheitliche Ungleichheitsdimension? Natio-ethno-kulturelle Zugehörigkeit, Gesundheit und soziale Netzwerke 369