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57Netzwerktheorie(n)
– Ein Überblick
1.2.4 Beliebtheit: Popularität und preferential attachement
Eine weitere Theorie der mittleren Reichweite ist die der „Beliebtheit“. In die-
sem Fall „besitzen“ manche Akteur*innen mehr Beziehungen als andere und sind
damit beliebter. Hierbei möchten wir zwei Ansätze unterscheiden. Zum einen das
Konzept, das davon ausgeht, dass bestimmte Attribute (z. B. Alter, Geschlecht,
Gesundheit) sich auf die Beliebtheit von Akteur*innen auswirken, und zum ande-
ren kann es sein, dass jemand, der bereits viele Beziehungen „besitzt“, aufgrund
dieser noch mehr Beziehungsanfragen bekommt. Ersteres kann hier als Populari-
tät bezeichnet werden. Populäre Akteur*innen sind demnach diejenigen, mit
denen viele Akteur*innen eine Beziehung eingehen wollen bzw. eingehen. Erste
Forschungen konnten zeigen, dass intelligente, extrovertierte und leistungsfähige
Schüler*innen populärer sind als andere (Bonney 1946; Young und Cooper 1944).
Vor dem Hintergrund des Gesundheitsverhaltens stellen Valente et al. (2005) her-
aus, dass besonders beliebte Studierende anfangen zu rauchen. „Popular middle
school students were more likely to become smokers compared to their less popu-
lar peers“ (Valente et al. 2005, S. 323).
Beim preferential attachement geht man auch davon aus, dass Beziehungen
innerhalb eines Netzwerkes ungleich verteilt sind. Die Prämisse beruht hier
jedoch auf den Beziehungen, d. h. das Akteur*innen, die bereits schon viele
Beziehungen vereinigen, noch leichter Beziehungen hinzubekommen. Merton
(1968) beschreibt dies als „Matthäus-Prinzip“ („Wer hat, dem wird gegeben“).
Dieses Phänomen konnte z. B. De Solla Price (1976) anhand von Zitationen in
Artikeln („cumulative advantage“) und Barabási und Albert (1999) für soziale
und sozial-technologische Netzwerke (Filmschauspieler*innen, Stromnetz, Inter-
net) („scale-free“) herausstellen.
1.2.5 Reziprozität
Ein wichtiges Grundprinzip, auf dessen Basis es zu unterschiedlichen Formen
sozialer Netzwerke kommen kann, ist die Reziprozität (Prinzip der Gegenseitig-
keit). Dieses besagt, dass Menschen für eine bestimmte erbrachte Leistung auch
eine entsprechende Gegenleistung erwarten. Hier kommt es zum Prinzip von
Gabe und Gegengabe (Mauss 2000) und die daraus entstehenden Netzwerke.
Diese Erwartung macht viele Formen der sozialen Interaktion überhaupt erst
möglich. Simmel geht so weit zu behaupten, dass es ein Grundprinzip von Gesell-
schaften ist (Simmel 1908 [1989]; s. oben). Hierbei sind Transaktionen zwischen
den Akteur*innen nicht immer an einen Preis oder an formale Regeln gebunden.
Eine Gegenleistung muss auch nicht in selber Form wie die erhaltene Leistung
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Buch Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten - Eine neue Perspektive für die Forschung"
Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
Eine neue Perspektive für die Forschung
- Titel
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
- Untertitel
- Eine neue Perspektive für die Forschung
- Autoren
- Andreas Klärner
- Markus Gamper
- Sylvia Keim-Klärner
- Irene Moor
- Holger von der Lippe
- Herausgeber
- Nico Vonneilich
- Verlag
- Springer VS
- Ort
- Wiesbaden
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-658-21659-7
- Abmessungen
- 14.5 x 21.0 cm
- Seiten
- 436
- Kategorie
- Medien
Inhaltsverzeichnis
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten – eine neue Perspektive für die Forschung 1
- Theoretische und methodische GrundlagenSoziale Beziehungen, soziales Kapital und sozialeNetzwerke – eine begriffliche Einordnung 33
- Netzwerktheorie(n) – Ein Überblick 49
- Wirkmechanismen in sozialen Netzwerken 65
- Negative Beziehungsaspekte und gesundheitliche Ungleichheiten 87
- Netzwerkanalyse – eine methodische Annäherung 109
- Soziale Netzwerke, familiales Sozialkapital und kindliche Gesundheit 137
- Soziale Netzwerke, Gesundheit und gesundheitliche Ungleichheiten im Jugendalter 163
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im jungen und mittleren Erwachsenenalter 193
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im Alter 227
- Ungleichheitsdimensionen Sozialer Status, soziale Beziehungen und Gesundheit 257
- Geschlecht und gesundheitliche Ungleichheiten – Soziale Netzwerke im Kontext von Gesundheit und Gesundheitsverhalten 273
- Arbeitslosigkeit, soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten 309
- Soziale Netzwerke und die Gesundheit von Alleinerziehenden 329
- Soziale Netzwerke und Behinderung – Zugang und Stabilisierung der Einbindung in den allgemeinen Arbeitsmarkt 347
- Migration als gesundheitliche Ungleichheitsdimension? Natio-ethno-kulturelle Zugehörigkeit, Gesundheit und soziale Netzwerke 369